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Vulkanwanderung in Schnee und Eis


Nun war ich einige Tage noch an der Ohakune Mountain Road unterwegs. Die Straße erinnerte mich ein wenig an die Glocknerstraße, nur nicht halb so schön. Und mit nem Automatic Auto macht so ne Bergstraße auch nur halb so viel Spaß, wie mit meinem kleinen Corsa.

Eine äußerst interessante Landschaft, Mondlandschaft so weit man gucken kann, schwarzes Vulkangestein überall und so viel unberührte Natur. Zwischendurch immermal wieder Wanderungen, z.B. 1,5Std zu den W Falls, 5Std zum Lake Surprise und nen kurzer Spaziergang zu den M Falls (wieder ein Drehort von Herr der Ringe). Am obersten Ende der Straße, auf 1600m, standen dann jede Menge Schneekanonen und Sessellifte und warteten auf den Saisonstart am Mount Ruapehu. Es war immernoch extremer Sturm, dort oben dann auch wieder eisige Kälte, aber es nieselte nur immermal wieder. Also bin ich mal nen Stück gelaufen…joah, irgendwann hab ich meine Grenze, wie weit ich gehen wollte, immer weiter verschoben und bin letztlich soweit gegangen, bis ich das erste Mal Eispickel und Spikes gebraucht hätte. Allerdings hatten sich dann die Wolken mal verzogen, bzw. war ich dann auch irgendwann über den Wolken auf 2100m angekommen, und ich wurde mit einem wahnsinnigen Ausblick auf dem 2700m hohen Vulkangipfel mit all seinen Gletschern belohnt. Der Weg nach unten gestaltete sich dann noch recht schwierig über Lavagestein, Geröllfelder und extrem weichem, schwarzen Sand. Da das ja nun auch nicht geplant war, hatte ich lediglich meine Kamera und den Autoschlüssel bei mir. Kein Wasser, dafür musste dann der Schnee herhalten, keine Sonnenbrille, kein Handy, nix. Wenigstens hatte ich die Basecap vorher noch gegen die Wollmütze getauscht. Irgendwann kamen mir auch mal andere Wanderer entgegen, voll ausgerüstet, unter anderem auch mit Helm, naja, da war ich wohl wenig unvorbereitet. War dann trotzdem ne tolle 3Std Wanderung, von der ich auch wieder heile zurückkam.

Scheinbar bin ich auch nix mehr gewöhnt, 3Monate ohne Berge, hatte die letzten Tage ganzschön mit Schwindel und Kopfschmerzen zu kämpfen in der Höhe.

Nachdem ich Ohakune verlassen hatte, gings auf die Desert Road, eine 60km lange fast gerade Straße durch die „Wüste“. Keinerlei Orte, Häuser oder ähnliches auf dem Gebiet, nur jede Menge Weite, schwarzer Sand und Büsche und überall Panzer, da das Übungsgebiet der Armee ist. Nach ca. einem Drittel der Strecke setzten dann Nebel und Regen ein, sodass man wieder keine 50m weit sehen konnte. Irgendwann kam ich dann auch mal im Kaimarawa Forest an. Über Gravel Roads gings dann nen ganzes Stück in den Wald rein, bis ich dann mal wieder ein Schild übersehen hab, dass mir gesagt hätte, dass ich mich gerade mitten auf einer 4W Offroad Strecke befinde. Nachdem ich all die riesigen Schlaglöcher umfahren konnte hing ich dann an nem Berg im Schlamm fest, was bedeutete, dass ich nen ganzes Stück rückwärts fahren musste, bis die nächste Wendemöglichkeit kam. Da war es schon etwas schwieriger, die Schlaglöcher zu meiden. Aber irgendwie hab ich die Joy da dann doch wieder heile rausgegriegt. Zwei Nächte auf nem kleinen einsamen Campground und immer mal nen paar Wanderungen, die allerdings nicht besonders spaßig waren in nem verregneten, nebelverhangenen Wald.

Nun war es Dienstag und der Wetterbericht versprach für Mittwoch leichten Regen am frühen Morgen und dann schönes Wetter. Das Busunternehmen, das mich vom Parkplatz an den Startpunkt des Tracks bringen sollte, war nicht zu erreichen, allerdings verriet mir der Anrufbeantworter, dass der Bus bei gutem Wetter um 7:15Uhr fuhr.

Die Nacht auf Mittwoch war wieder recht schlaflos, da es die ganze Zeit lautstark regnete. Ich hatte keine Ahnung, ob bei dem Wetter der Bus fuhr, aber es sollte ja besser werden. Also klingelte um sechs der Wecker, schnell frühstücken und Rucksack packen und dann gings los…hab ich gedacht. Der Campground hat sich über Nacht in nen Schlammloch verwandelt und ich musste nen Berg hoch, um da weg zu kommen. Keine Chance, ich hab mich ständig wieder im Schlamm festgefahren. Nach 20Min und ca. 20Versuchen hab ichs dann mit viel Schwung doch geschafft hoch zu kommen, allerdings hab ich die Schlaglöcher dann auch mit viel zu hoher Geschwindigkeit passieren müssen, aber es is alles am Auto dran geblieben. Trotz der Verzögerung kam ich trotzdem noch pünktlich. Allerdings war um 7:15Uhr kein Bus zu sehen. Ich hatte schon die Hoffnung aufgegeben, als er dann endlich um 7:30Uhr kam. Ein vollbesetzter Kleinbus brachte mich und die anderen 19Leute (irgendwie keiner älter als ich) dann nach 40Minuten Fahrt zum Start. Es regnete immer noch in Strömen. Dann kam noch ein weiterer Bus an, ein großer, voll besetzt mit 50Wanderern. Das is ja mal so garnix für mich, dieser Massentourismus. Es war interessant zu sehen, wie manche auf den Track gestartet sind. Überall steht geschrieben, dass der 7-8Std Walk nur mit richtiger Ausrüstung gemacht werden soll und das alpine Gelände nicht unterschätzt werden sollte. Und da standen sie nun, viele in Turnschuhen, einer sogar in weißen Sneakers, Mädels mit Leggins oder Jeans, die Knöchel mit Einkaufstüten umwickelt, Jungs in Shorts, Leute, die nicht mal eine Kapuze, geschweige denn ne Mütze und Mädels mit Handtaschen. Das is also das Resultat von guter Vermarktung als beste Tageswanderung der Welt. Ich bin dann also mit der Masse losgepilgert. Am Anfang dachte ich noch, dass das ja so easy is, ging schön langsam bergauf, allerdings dachte ich da auch noch, dass ich mit meiner Thermounterwäsche und dicken Softshellklamotten noch zu warm bekleidet bin. Nachdem es steil zum ersten Krater hochging stellte sich aber schnell heraus, dass die Wanderung doch recht anspruchsvoll is. Und nun hatten die Leute mit ihren Turnschuhen ihre Freude bei rutschigen Felsen und jeder Menge Schlamm. Der ganze Weg oder zumindest 80% war eine einzige Schlammpiste oder komplett überschwemmt. Allerdings sind auch viele schon vor der Hälfte des Tracks wieder umgekehrt.

Nach 3Std Dauerregen, eisigem Wind und dichtem Nebel kam dann noch Schneefall hinzu. Ich war zwar dick genug angezogen, allerdings hatte ich nun das Problem, dass meine Softshellhose und –jacke nach 3Std Dauerregen kein Wasser mehr abhalten konnte, sodass ich nun komplett durchnässt war und die eisige Kälte noch den Rest dazu beigetragen hat. Meine Wollhandschuhe waren auch nicht die beste Wahl, da diese innerhalb kürzester Zeit durchnässt waren und meinen Händen nur geholfen haben zu erfrieren. Meine Wanderstiefel haben unter all dem Schlamm auch irgendwann aufgegeben und das Wasser direkt an die Socken weitergegeben. Nun hatte ich wirklich Mitleid mit den Mädels in Leggins.

An den Emerald Lakes hatte ich dann tatsächlich mal 10Minuten Sonne, keinen Wind und freie Sicht auf die traumhafte Landschaft. Strahlend blaue Seen, Vulkankrater um mich herum und dampfende Felsspalten überall. Allerdings hielt das nicht lange und Regen und Sturm kehrten wieder zurück. An Essen und Trinken war garnicht zu denken, da das bedeutet hätte in der Kälte stehen zu bleiben. Außerdem ist einen bei diesem widerlichen Schwefelgestank sowieso der Hunger vergangen. Der Weg hatte es bei dem schrecklichen Wetter ganz schön in sich. Kaum war man von einem windigen Kraterrand runter, ging es steil hinauf auf den nächsten. Es waren schon jede Menge Schneefelder zu überqueren und die Abstiege durch schwarzen Schlamm und weißen Schnee gestalteten recht schwierig. Die meisten Leute haben sich in den Schnee gesetzt und sind runtergerutscht, mit Turnschuhen hätte man das wahrscheinlich auch nicht anders geschafft. Das wollte ich aber meinem so schon erfrorenen Hintern nicht antun. Irgendwann hatte ich auch ernsthafte Probleme meine Hände überhaupt noch zu bewegen. Nachdem der stechende Schmerz nachgelassen hatte waren sie dann blau, angeschwollen und ziemlich steif. Sie tauten auch erst kurz vor Ende wieder auf, aber der pochende Schmerz der dabei folgte war noch viel schlimmer als im gefrorenen Zustand. Eigentlich hatte ich noch vor, eine 2Std Extrawanderung auf den Gipfel des Tongariro zu machen, allerdings wollte ich dann nur noch so schnell, wie möglich runter. Das letzte Stück zog sich dann noch am aller längsten. Nach knapp 7 Std wurde ich dann vom Applaus der anderen Wanderer empfangen und war endlich wieder am Auto. Bis auf die Knochen durchnässt, total kaputt und mit dickem, blauem Knie bin ich dann erstmal schnellstmöglich weg von den blöden Vulkanen und kaum hatte ich den Nationalpark verlassen, hörte es auf zu regnen und der Lake Taupo lag sonnig vor mir, als wär nix gewesen.

Ich hab nun also 1Woche auf gutes Wetter gewartet, hab 7 Std in Regen, Wind und Kälte verbracht, stand knietief im Schnee und knöcheltief im Schlamm, hab vor lauter Nebel fast nie was gesehen, bin 19km mit nur einer kurzen Pause gelaufen und das soll also die schönste Tageswanderung der Welt sein?! Na vielen Dank Neuseeland!

Nach dieser grenzwertigen Erfahrung brauchte ich nun dringend ne heiße Dusche, nen heißen Tee, trockene Klamotten und ne Waschmaschine, also hab ich mir mal wieder einen richtigen Campingplatz gegönnt. Nun muss ich mal gucken, wie das Wetter in den nächsten Tagen wird und dann mal sehen, ob ich mich am Freitag mal aus 3000m aus nem Flugzeug stürzen kann.

 

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