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Die Höllenfahrt auf die andere Seite


…es war die Hölle auf Erden! Mit der Fähre durch die Marlborough Sounds zu schippern war ja noch schön, das Wasser war ruhig, Robben begleiteten unseren Weg, die Sonne schien, es war frühlingshaft,… Aber kaum waren wir auf dem offenen Meer, gings los. Ich hab gleich drei Tabletten geschluckt, aber es half nix. Ich hab noch nie solch riesige Wellen gesehen. Die riesige zehnstöckige Fähre wurde rumgeschleudert, wie nen Papierschiffchen. Erst saß ich noch bei den zwei deutschen Mädels, hab aber dann meine Sachen bei ihnen gelassen und hab mich Richtung Toilette verkrümelt, damit der Weg nicht so weit ist. Wir waren dann ca. 20 ganz schlimm Seekranke und lagen auf Anweisung vom Personal auf dem Gang vorm Klo verteilt und sind dann immer abwechselt hingerannt. Wir haben dann Becher mit Eiswürfel und Kotzbeutel gegriegt. Es war grauenhaft, ich hab mich noch nie vorher so schlimm gefühlt. Und die Zeit verging einfach nicht. Zwei Kinder haben dort den ganzen Flur vollgekotzt, man konnte kaum noch atmen bei dem Gestank. Das Personal hatte nur damit zu tun Kotzbeutel zu verteilen und irgendwelches weißes Pulver auf den eingesudelten Teppich zu streuen. Zu allem Überfluss kamen sie tatsächlich auch noch auf die Idee, wie vorher angekündigt, nen Probealarm zu machen. Allerdings konnte sich von uns keiner mehr Richtung Notausgang bewegen, also durften wir liegenbleiben. Man glaubt auch gar nicht, was die Leute für Farben annehmen können, da kann selbst nen Inder blass werden und zwei waren grün, richtig grün im Gesicht. Die Wellen haben manchmal so eingeschlagen, dass alles, was nicht fest war durch die Gegend geflogen ist. Die Crew is dann auch irgendwann mit Ketten, Bändern und sonstigem losgezogen, um die Autos fest zu ketten. Bei dem Gerumpel im Frachtraum hab ich schon die Hoffnung aufgegeben, die Joy heil wieder zu sehen, aber ging zum Glück gut, wurde halt festgekettet und sie stand in der Mitte, die oberen Autos haben ne ordentliche Dusche gegriegt. Irgendwann nach unendlich langen 2einhalb Stunden kam der Hafen näher und die Wellen ließen nach. Also hab ich mich mal, begleitet von meinem Kotzbeutel und dem Eisbecher, in Richtung der Sitzplätze zurück bewegt. War nen ziemlich komplizierter Weg, da überall weißes Pulver verstreut war, da das ganze Schiff vollgekotzt war, es war so widerlich. Es gab kaum jemanden, der nicht seekrank wurde. Der absolute Horror! Und das Schiff war komplett nass, die Wellen haben es wohl ständig verschluckt.

Eigentlich wollte ich ja auch mal irgendwann auf nem Kreuzfahrtschiff arbeiten, aber das vergess ich nun auch… das ist von meiner To-Do-Liste gestrichen. Und ich wollte ja eigentlich in nem halben Jahr wieder auf die Südinsel, allerdings muss ich das nochmal überdenken, ob ich das nicht irgendwie anders planen kann.

Durch den starken Wellengang kamen wir auch viel später als geplant in Wellington an. Ich hab viel Mitleid mit den armen Leuten, die die Fähre nach so ner Aktion reinigen müssen. Runter von der Fähre gabs dann den nächsten Schock… Neuseeland gegen Südafrika… DAS Rugbyspiel schlecht hin. Und 50.000 Fans pilgerten gerade Richtung WestPac Stadion. Wer mal bei nem Bayern Spiel in München war, kann sich das hier noch zehn Mal schlimmer vorstellen. Da bin ich echt gespannt, wie´s beim Worldcup wird.

Die meisten Straßen waren abgeriegelt, überall Polizei und die Menschenmassen. Eigentlich war ich mit meinen Chefs am Bahnhof verabredet, aber es waren zu viele Menschen, als das man sich da gefunden hätte. Nach einigen Anrufen und Treffpunkten hat mich dann meine Chefin doch mal gefunden. Da haben wir mein Auto aus dem Parkverbot geholt und sind zu ihrem Haus gefahren. Nen ordentliches Stück weit weg vom Citycentre. Ich sollte eigentlich mit Essen, aber da musste ich passen, ich hab immer noch die Wellen im Magen gespürt. Nun hab ich hier also ein Zimmer mit Bad und wohn in nem Neubaugebiet auf nem Hügel, alles Kameraüberwacht, kann nun jeden Tag um nen Parkplatz an der Straße kämpfen und bin aber in zehn Minuten mit dem Auto an der Arbeit. Meine Chefs wollen mit mir englisch reden, verstehen aber auch deutsch, da sie etliche Jahre in Karlsruhe gelebt haben. Und in der Backstube hab ich dann auch zwei Österreicher, die mir mit meinem schlechten Englisch weiterhelfen können.

Um acht war ich eigentlich mit den zwei deutschen Mädels wieder verabredet, allerdings war dann alles ziemlich spät geworden. Man hat mir gesagt, ich bin in ner viertel Stunde in die City gelaufen, allerdings war ich dann erst um neun endlich mal da. Da waren die Straßen leer, alle waren im Stadion oder vorm Fernseher. Wir waren dann in nem irischen Pub, war nen ganz schöner Abend, allerdings ist man als Backpacker nix mehr gewöhnt, sodass wir so todmüde waren, dass wir um zwölf wieder gegangen sind. Die Clubs und Bars waren nun voll mit besoffenen Fans. Man hat auch viele von der Fähre wieder getroffen, zwei davon lagen auch vor den Toiletten rum. Die Mode hier ist ganz schön crazy, mal abgesehen von den vielen schwarz-weißen Fans, sind die Absätze hier kaum unter 10cm, die Miniröcke reichen meist nicht mal über den Hintern, dem Make-Up sind keine Grenzen gesetzt und Absperrband als Bekleidung ist auch sehr modern. Da waren wir mit Wander-/ Turnschuhen und Jeans ziemlich underdressed.

Ich hab mich dann wieder auf den Heimweg gemacht, hab mich dann allerdings so sehr verlaufen, dass ich fast 2Std unterwegs war, bin durch irgendwelche dunklen Parks gelaufen, bin bei Geisterstunde über nen Friedhof geschlichen, bin nen Highway entlang gerannt und etliche Hügel hoch und wieder runter, da war ich froh, als ich um zwei endlich im Bett lag. Ziemlich ungewohnt, nach vier Monaten nicht mehr unterm Sternenhimmel einzuschlafen und bei Sonnenaufgang am Strand oder im Wald aufzuwachen.

Heut Morgen hab ich dann erstmal meine paar Sachen aus dem Auto geräumt und mich eingerichtet. Hab sogar ne Badewanne, das is ja noch das Beste, und ne Terasse. Meine Chefs hatten heut ziemlich Stress, da durch die Menschenmassen ziemliches Chaos in der Stadt herrscht und sämtliche Hotels und Shops ständig Nachschub brauchten. In der Backstube ist auch noch Chaos, da erst letzte Woche neue Maschinen kamen, die erst noch zum Funktionieren gebracht werden müssen. Meine Arbeitsbereiche wachsen immer weiter, hier werden immer größere Pläne mit mir geschmiedet und mir wurde wieder ständig gesagt, ich soll doch länger bleiben, aber nee, nach dem halben Jahr will ich erstmal noch den Rest der Welt sehen. Morgen ist mein erster Arbeitstag, allerdings weiß ich noch nicht recht, wann ich überhaupt anfangen soll. Ich soll dann wahrscheinlich gegen Mittag mal vorbeikommen, um erstmal alles zu besprechen, mmh… lass ich mich mal überraschen.

Heut bin ich dann bei Tageslicht in die City gelaufen, quer durch den botanischen Garten und faulerweise dann mit dem Cabel Car runter, halbe Stunde hab ich trotzdem gebraucht. Aber ich glaub ne Monatskarte für´s Cabel Car wird noch die beste Variante sein, um in die Stadt zu kommen. Heimwärts bin ich die Hügel hochgelaufen, unglaublich, diese Stadt hat hunderte Stufen und Hügel. Naja, die Wege hier müssen erst nach und nach erkundet werden.

 

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