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Unterwegs im stormy desert


Ich bin mal wieder kurz in der Zivilisation, wenn man das hier so nennen kann. Ein Dorf mit 3000 Einwohnern, von denen die meisten unter der Erde leben, wo überall Autowracks stehen, man sich kaum bewegen kann, ohne Angst haben zu müssen in Minenschächte zu fallen, und sich das ganze Leben um den einen großen Pfund dreht, den die meisten nie haben werden. Das ist Coober Pedy. 85% aller weißen Opale in der Welt kommen von hier. Es ist nicht gerade ein Touristenmagnet, überall sind Fliegenschwärme, es werden im Sommer häufig über 50°C, weshalb Häuser, Kirchen, Kinos, Supermärkte, usw. unter der Erde zu finden sind. Rundherum sind tausende Opalfelder und jede Menge skurriler Dinge. Überall liegen abgestürzte Raketen, aus Müll gebaute „Figuren“, Raumschiffe, usw. und die Mondlandschaft hat auch Hollywood angelockt, Mad Max, Red Planet und Pitch Black sind nur einige der Filme, die hier gedreht wurden.

Aber nun mal wieder vom Anfang…

Am Freitag gings nach dem Auftanken für 1,71$/L weiter von Leigh Creek nach Marree und von dort auf den Oodnadatta Track, der dem alten Ghan Railway folgt. Viel zu sehen gibt’s auf diesem 620km langen Track nicht, außer etliche Ruinen, Dörfer, die weniger als 40 Einwohner haben, Sanddünen, Salzseen, Quellen und uuuuuunendlich viel Wüste. Also einfach traumhaft. Auf dem Track sind je nach Saison 1 bis 100 Autos täglich unterwegs, ich bin gerade in der Zeit, in der nicht mehr als zwei den Weg mit mir teilen. Am ersten Tag wurde ich noch getrieben, von der knallenden Sonne und über 40°C. Gleich nach dem Start wurde die Landschaft geprägt durch den Kohleabbau. Kein Wunder, dass die so einen langen Zug voll griegen, bei so viel Kohle. Für die Besucher (also nur mich) gabs ein paar ausrangierte Maschinen und Fahrzeuge zum rumschnüffeln. Weiter gings, meine Siesta hab ich in Lyndhurst verbracht. Eine Zapfsäule, ein Pub, ein Toilettenhäuschen und ein paar Blechhütten und Wohnwagen. Ein schattiges Plätzchen fürs Auto zu finden war ziemlich schwierig, da kein Baum in der Gegend war. Nemo musste also dann in der Sonne braten, während ich unter nem Dach auf ner Bank geschwitzt hab. Es war windig, aber der brachte wieder nur warme Luft. Genauer gesagt war ein übelster Sturm, der einem den Sand äußerst schmerzhaft ins Gesicht geschleudert hat. Ich saß drei Stunden dort, das einzige Auto war ein Einheimischer, der von seinem Haus zur Tankstelle gefahren ist, und ein LKW kam vorbei, der einen geplatzten Reifen hatte. War äußerst interessant zu beobachten, er hatte einen Bagger geladen, den er runtergefahren hat, um damit den Anhänger hochzuheben. War mal eine andere Art von Wagenheber. Am Nachmittag gings weiter nach Marree, da gabs allerdings auch nur einen kurzen Pinkelstopp, da euch das nur ein ausgestorbenes kleines Örtchen war und es war einfach zu heiß, um lange irgendwo zu verweilen. Die Klimaanlage lief auf Hochtouren und bei jedem Knall hab ich gedacht, es ist nen Reifen. Man muss vielleicht erwähnen, dass die 620km über Schotter- und Sandpiste gehen, wodurch man nicht unbedingt schnell vorankommt. Am Anfang hatte ich noch gedacht, ich muss drauf achten, dass genug Luft auf den Reifen ist- falsch gedacht, ich hab dann wieder nen Großteil der Luft rausgelassen, da wohl platte Reifen (also nicht ganz platt) besser sind für diese „Straßen“.

Mein Nachtlager war mal wieder ein Flussbett, direkt neben ner alten Eisenbahnbrücke und dem Dog Fence. Der längste Zaun der Welt, 5320km, der die Dingos vom Südosten Australiens fernhalten soll. Auf dieser Seite des Zauns können mir jetzt also auch Dingos begegnen. Ich hatte mir in Leigh Creek noch ein Insektenspray gekauft, sodass ich die lästigen Ameisen nun beseitigen konnte. Außerdem hab ich mir mal nen halben Blumenkohl gegönnt… böser Fehler… hat zwar super geschmeckt, allerdings sollte man das nicht machen, wenn man vier Tage keinen Müll entsorgen kann. Der Müllbeutel hat zumindest die Nächte immer auf dem Dach verbracht.

Am Abend hat es sich noch zugezogen, es kam endlich ein wenig Abkühlung und es gab nen tolles Gewitter. Hab ja schon gedacht Neuseeland hat gute Gewitter, aber das hat alles übertroffen. Habs mir mit meiner Kamera auf dem Autodach gemütlich gemacht und sogar 35 Blitze fotografieren können. War eigentlich auch nicht allzu schwer, so viele, wie da runter gingen. Wahnsinn! Geregnet hats natürlich trotzdem nicht. In der Nacht wurde ich wach, weil nen Zug hupend an mir vorbeigefahren is… na klar! Auf ner Bahnstrecke, die seit 1980 stillgelegt ist, kann ich bestimmt keinen Zug gesehen haben! Keine Ahnung, aber das war so real, ich glaub jetzt verlier ich gänzlich den Verstand.

Am nächsten Morgen gings weiter durch kahle Wüste, bis dann irgendwann äußerst skurrile Skulpturen auftauchten. Da konnte ich aber mal in aller Ruhe herumlaufen, da die Sonne nicht mehr rauskam. Es waren sicher immer noch 30°C, aber zumindest nicht mehr ganz so unerträglich. Nur wieder so stürmisch. Nachdem ich meinem Hut ein paar Mal nachrennen musste, hab ich mich dann doch fürs Kopftuch entschieden, um die Haare zu bändigen. Meine Siesta mitten in der Wüste zu verbringen, war also auch kein Problem, da die Sonne ja nicht da war. Ich bin sogar zwei Std herumgewandert, verlaufen konnt ich mich ja nicht, hab ja mein Auto aus jeder Entfernung noch gesehen. Etwas mulmig war mir zwar mit meinen Flipflops zwischen all den Schlangenspuren, aber mir ist keine begegnet. Was es da alles für tolle Steine gibt, ach, aber diesmal sammele ich nicht wieder, darf ja wahrscheinlich eh wieder nix aus dem Land mitnehmen.

Ich hab mich ja die ganze Zeit gefragt, wie die paar Kinder aus diesen verlassenen Dörfchen in irgendeine Schule kommen. Die haben wohl Fernunterricht über Funk. Die Empfangsmasten sind auch nicht nützlich für mich, da die wohl nur für die Satellitentelefone sind, also nix, was ich besitze. Hier ist mein Handy bereits in irgendner hinteren Ecke gelandet, da ich eh keinen Empfang hab.

Mein Nachtlager war dann auf einem verlassenen Bahnhofsgelände, neben dem Autofriedhof. Das war das bisher verlassenste Fleckchen Erde, dass ich je gesehen hab. Hier gab es noch nicht mal Tiere, keine Vögel, keine Ameisen, keine Fliegen, nix! Wenn der Wind grad nicht gepfiffen hat, war absolute Stille. Das nächste Haus war über 100km entfernt. Wenn ich mal nen Mord begehen will, weiß ich schon, wo. Wenn jemand hätte mich ermorden wollen, hätte ich schreien können, wie verrückt, mich hätte niemand hören können. Unendliche Weiten und Totenstille… Es war gigantisch!

Am nächsten Morgen hab ich gerade noch so mein Teewasser warm bekommen, als mir das Gas ausging… na toll! Mitten in der Wüste und die Gasflasche ist leer. Aber war kein Problem, ich musste nicht verhungern, abends gabs dann halt Pumpernickel aus Germany mit Heringsfilet in Tomatensauce aus Germany. (Das mit dem Heringsfilet war auch keine allzu gute Idee bei der Hitze, aber den Müll konnt ich ja zum Glück eher entsorgen) Als ich mit duschen fertig war, hat sich doch tatsächlich ein Auto in die Gegend verirrt. Zum Glück konnt ich mich grad noch schnell wieder anziehen, bevor sie neben mir standen. Andi und Chrissy, zwei Australier, die mich, nachdem sie den Schock verkraftet haben, dass ich allein unterwegs bin, erstmal ausgequetscht haben, ob ich auch dies und das und jenes dabei hab. Dann waren sie schon mehr beruhigt, gut, dass sie nicht gesehen haben, dass meine Kanister momentan noch nicht mit Benzin gefüllt sind und sie nicht nach dem Satellitentelefon gefragt haben, für das ich zu geizig war. Von den Beiden hab ich noch den Tipp bekommen, in Coober Pedy aufs Wildcampen zu verzichten und auf keinen Fall nach Dunkelheit noch dort unterwegs zu sein. Heute weiß ich warum, aber dazu später.

Weiter gings, die Sonne war wieder schön von den Wolken verdeckt, zu den Mound Springs, Quellen, die wie eine Oase in der Wüste lagen. Hier waren dann auch mal wieder Vögel und Echsen zu finden. Irgendwas muss mich aber in der Nacht in dieser einsamen Gegend auch besucht haben, da die Nudeln, die mir am Abend runter gefallen waren, weg waren. Wahrscheinlich ein Dingo oder so.

Dann hab ich noch eine einstündige Wanderung gemacht durch ein ganzes Dorf voller Ruinen. Zurück gings etwas schneller, da es tatsächlich angefangen hatte zu regnen. Also jetzt nicht richtig, aber nen paar dicke Tropfen kamen schon. Und da ich wieder alle Fenster offen hatte, hab ich mich lieber beeilt zum Auto zu kommen. Ja, hier lass ich mein Auto völlig unbeaufsichtigt offen, meistens lass ich sogar noch den Schlüssel stecken. Wer soll denn was klauen? Die Passagiere vom Geisterzug etwa?

Zwischendurch gabs noch einen Blick auf den Lake Eyre, dem sechsgrößten See der Welt, größter See Australiens und tiefster Punkt (12m unter dem Meeresspiegel) Australiens. Allerdings brauchte man eine Genehmigung, weshalb ich nicht näher rangefahren bin. Bei der Gelegenheit wäre die Geschichte von einer Wienerin zu erwähnen. Im Dezember 1998 war sie mit einem weiteren Österreicher hier unterwegs zum Lake Eyre, das Auto stack fest und sie kamen auf die tolle Idee, die 38km zum nächsten Ort zu laufen, um Hilfe zu holen. Ihr Reisebegleiter ist nach kurzer Zeit wieder zurück zum Auto, wo er überleben konnte, sie ist weiter und mit ihren 28Jahren von der knallenden Sonne getötet worden. 2 Tage später haben sie zwei deutsche gefunden. Dieser Track hat es also in sich. Im Sommer ist er auch häufig gesperrt, damit genau das nicht nochmal passiert, und nach ergiebigen Regenfällen ist ebenfalls alles dicht, da sich dann die viiiiielen Flüsse mit Wasser füllen. Allerdings besitzt der Lake Eyre wohl nur alle 25Jahre Wasser, letztes Jahr war das wohl so.

Meine Siesta hab ich in William Creek gemacht, wieder nur ein Pub, ne Zapfsäule, nen Campingplatz und immerhin 6 Einwohner. Dort gabs auch wieder einige Raketen und ne Menge Müll zu begutachten. Zum Übernachten gings an einen See, der sogar mal nen bisschen Wasser hatte. Aber trotzdem keine Lebewesen rundherum, außer Ameisen und Fliegen. In der Nacht bin ich aufgewacht, da es tatsächlich mal geregnet hat, also richtig, nicht stark, aber hat geregnet. Da hab ich mir schon die Gedanken gemacht, ob ich jetzt hier fest sitz, wenn die Straße unbefahrbar ist. Ein weiteres Mal bin ich aufgewacht, weil ich der festen Überzeugung war, dass der See schon auf der Höhe vom Auto angekommen ist, keine Ahnung, wie ich das im Dunkeln gesehen haben will…tzzzz! Am nächsten Morgen war der Weg zwar etwas schlammig und ordentlich rutschig, aber war problemlos machbar. Dann gings 160km nach Coober Pedy, wo es absolut nichts auf dem Weg zu sehen gab, es war nur flache Wüste und zu allem Überfluss hat mein Mp3 Player, den ich nun endlich mal wieder aufgeladen und mit neuer Musik bestückt hatte, nach zwei Liedern den Geist aufgegeben, sodass die Fahrt doch ziiiiemlich langweilig war. Aber ich habs geschafft, auch ohne geplatzten Reifen. Irgendwann konnte man dann schon die Opalfelder sehen, es wird als Höllenloch in der Wüste beschrieben, naja, die Landschaft kam durchaus damit überein. Mir begegneten Männer auf Fahrrädern, die aussahen, als hätten sie und ihre Kleidung seit nem Monat kein Wasser mehr gesehen. Ich weiß ja, dass hier Wasserknappheit herrscht, aber dass die so viel Wasser sparen wollen, hätt ich nicht gedacht. Aber die halbe Stadt besteht aus ungewaschenen, stinkenden, dreckigen Menschen. Und kaum kam ich in die Stadt, wusste ich auch, warum ich hier nach Dunkelheit nicht mehr draußen sein soll: Hier hab ich nun die ersten Aborigines gesehen. In abgewetzter Kleidung lagen sie besoffen am Straßenrand und haben einen angebettelt und gepöbelt. So hab ich mir das nicht vorgestellt. Hätte man diese Menschen nicht einfach so weiterleben lassen können, wie sie das schon 40000 Jahre getan haben? Nein, die Europäer mussten ihnen Alkohol und Zigaretten geben und versuchen, sie zu „zivilisieren“ und nun sieht man, was dabei rausgekommen ist.

Nachdem ich mir zwei unterirdische Kirchen angesehen hab, gings auf einen Aussichthügel, von wo man zwischen all den merkwürdigen Filmrequisiten einen guten Blick auf die Stadt hatte. Dort wurde ich auch gleich vom ersten Opalverkäufer in seinen Laden gelockt. Da hab ich aber noch geglaubt, dass es viel zu teuer ist, allerdings musste ich dann doch sehr bald feststellen, dass die wirklich so teuer sind. Verflucht, aber sie sind so schön! Nachdem ich ne Stunde in nem Opalfeld vergeblich selbst danach gesucht hab, hatte nämlich noch nicht mal ne Ahnung, wie die von außen aussehen, hab dafür aber ganz viele andere tolle Kristalle gefunden, hab ich mich entschieden meine Suche in den Shops fortzusetzen. Preise im vierstelligen Bereich waren keine Seltenheit, aber da waren schon tolle Sachen dabei. Ich hab dann irgendwann ne Kette für 80$ gefunden, da ich noch bisschen gezögert hab, wurde sie mir für 70$ angeboten. Als ich bezahlen wollte, wollte ich wissen, ob sie Kreditkarte nehmen…naja, lieber cash. Cash hatte ich aber nur noch 50$...ja, is auch ok. Und schon hatte ich ne 80$ Kette für 50$. Und das war noch nicht mal nen Trick, ich hatte wirklich nur noch 50$.

Danach musste ich die Essensvorräte noch ein bisschen aufstocken, im unterirdischen Supermarkt, in dem die ganze Zeit das Licht aus und an ging, scheint aber normal zu sein, hat zumindest keinen außer mir interessiert. Vorbei an den bettelnden Aborigines und herumstreunenden Hunden (fraglich, wer besser gerochen hat) gings zur Touristeninfo, die mir mit ihrer Unfreundlichkeit nicht wirklich weitergeholfen hat. An der letzten der drei Tankstellen konnte man mir dann zum Glück noch meine Gasflasche auffüllen. Dann bin ich wieder raus aus der Stadt, zu einem Underground- Campingplatz… wo kann man denn schon mal unter der Erde schlafen, außer bei K+S? ;-) Allerdings ging das nur mit Zelt, sodass mein Auto wieder unterm Sternenhimmel stand. Allerdings war es billig und ich wollte eigentlich noch eine Tour in ne Opal Mine mitmachen, allerdings war ich der einzige Gast, weshalb die Tour dann nicht zustande kam. Meine Wasservorräte konnte ich auch nicht auffüllen, da man das wegen der Wasserknappheit am öffentlichen Wasserauffüllautomat tun soll. Aber ich hatte eine Waschmaschine, die dringend nötig war, keinen Trockner, da die Wäsche innerhalb einer Stunde trocken war, und einen Fernsehraum unter der Erde, wo ich den Abend gänzlich ohne Flatterviecher überstanden hab. Dann konnte ich noch einen herrlichen Sternenhimmel genießen, noch, denn der bedeutete, dass die Sonne wieder zurück ist. Und so ist es auch, heut brennt die Sonne wieder wolkenlos und es soll die nächsten Tage wieder weit über die 40°C gehen. Mein Wasser hab ich nun aufgefüllt, 20Cent für 15Liter, das ist ok. Nun sitz ich wieder in ner kühlen Bücherei, umringt von nervigen kleinen Kindern und heut Nachmittag geht’s wieder zurück in die Pampa.

 

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