…das bekommt man hier ständig zu hören. Sei es bei einer Aussage über all die Länder in Südostasien, beim Klamottenkauf oder bei der Hotelsuche. Alles ist immer same, same, but different. Verstanden hab ich es bisher noch nicht, aber ich glaube, das sind die ersten Worte, die ein Vietnamese oder Kambodschaner in Englisch lernt… natürlich nach „want to buy something?“.
Aber gut, die letzten Stunden in Phnom Penh. Auf meinem Heimweg am Abend kam plötzlich Panik bei den Leuten auf. Ein paar Motorräder, unüberhörbar laut, kamen angerollt und alle machten Platz. Alle Tuktuks und Roller wurden aus dem Weg geschafft, damit Platz für die „Lonely Brothers“ war. Eine Motorradgang, alles Weiße, die scheinbar ziemlich furchteinflößend für die Kambodschaner sind. Das Bier stand schon auf dem Tisch, bevor sie sich überhaupt setzen konnten. Dass die Kellner nicht noch ihre Füße geküsst haben, war ein Wunder.
Am nächsten Morgen wurde ich um sieben Uhr durch ein Klopfen an der Tür unsanft aus dem Schlaf gerissen. Es war ein Hotelangestellter, der mir mitteilte, dass mein Bus nicht fährt und sie haben mich umgebucht auf einen anderen, der schon um neun fährt. Also hab ich mich fertig gemacht, wurde persönlich von einem Tuktuk abgeholt und zum Bus gebracht. Der Bus war ok, allerdings war ich wieder die einzige Nicht-Asiatin und keiner sprach ein Wort Englisch. Da können acht Stunden Fahrt ziemlich langweilig werden. Neben mir saß ein Chinese. Ich hatte ja schon gehört, dass es sich in China nicht gehört, wenn man sich die Nase schnäuzt und hab mich die ganze Zeit gefragt, was die machen, wenn sie erkältet sind. Nun hatte ich meine Antwort: Sie ziehen ihre Rotze lautstark nach oben und spucken sie dann lautstark in einen Becher… und das acht Stunden lang. Es war so widerlich und ich war froh, wenn ich es mal geschafft habe zu schlafen, um dem Rotzen und den lautstarken Diskussionen anderer Chinesen zu entfliehen. An der Grenze war ich dann ziemlich aufgeschmissen. Das war meine erste Grenzüberquerung über Land und ich hatte keinen Plan, wie das abläuft. Ich hatte sicher zehn verschiedene Leute gefragt, was nun geschieht, aber keiner sprach auch nur ein Wort Englisch. Ich bin der Masse einfach mal gefolgt und habe ohne Kommentar einen Stempel bekommen. Dann ging es zurück in den Bus, über die Grenze und auf vietnamesischer Seite mussten wieder alle raus, alle haben ihr Handgepäck mitgeschleppt. Im Gebäude angekommen, hatten alle anderen ihre Koffer dabei, also bin ich zurück zum Bus, dort wurde mein Rucksack auch schon ausgeladen und zur Kontrolle geschleppt. Ob ich nun mit musste oder nicht, wusste ich nicht, meinen Reisepass hatte ich auch nicht, den hatten sie vorher eingesammelt. Im Gebäude waren dann aber Busladungen voller weißer Menschen, die englisch sprachen und mir dann auch mal sagen konnten, dass ich hier auf meinen Reisepass warten muss. Mein Rucksack hat seinen Weg wieder alleine zum Bus gefunden und ich war natürlich die letzte im Bus, die nach über einer Stunde endlich ihren Einreisestempel bekommen hat. Gestresst und genervt bin ich dann zurück in den Bus, neben den rotzenden Chinesen und es ging weiter Richtung Saigon. Der Blick aus dem Fenster änderte sich schnell. In Kambodscha waren es noch Holz- oder Blechhütten, meist auf Stelzen im Wasser gebaut, mit nur einem großen Zimmer, für 20Leute ohne Möbel, mit jeder Menge Hängematten und herumstreunender Hunde. In Vietnam waren es dann schon richtige Häuser, meist mit zwei Räumen übereinander und mit Eingangstüren. Die Städtchen hatten alle nur erdenklichen Geschäfte. Die Hunde waren immer noch zu sehen, aber die Hüte haben sich geändert, hier trägt man entweder den typischen spitzen vietnamesischen Strohhut oder einen Motorradhelm, der hier in tausend verschiedenen Varianten zu haben und die Modeerscheinung schlecht hin ist. Sieht aus, wie eine Basecap, nur härter, ich bezweifele, dass das wirklich Schutz bietet bei einem Unfall, aber zumindest sieht es schon mal sicherer aus. Und dazu gibt es noch einen modischen Mundschutz mit sämtlichen Motiven. Aber gut, nach 8Stunden fahrt waren wir dann endlich in Saigon. Fast alle Passagiere wurden an den Hotels rausgelassen, mich fragte man nicht mal, wo ich unterkomme, da ja keiner englisch sprach. Am letzten Halt haben sie dann eine Frau aufgetrieben, die Englisch sprach und ihnen erklären konnte, wie mein Hotel heißt. Wie sich später rausstellte, hat sie auch 20Jahre in Mannheim gelebt und hätte auch deutsch mit mir sprechen können. Die Busgesellschaft hat mir dann ein Taxi besorgt, das mich zu meinem Hotel gebracht hat. In dieser Stadt war ich absolut verloren. Viel zu groß, viel zu hektisch und der Straßenverkehr war noch chaotischer. Immer, wenn ich denke, es geht nicht noch schlimmer, wird mir das Gegenteil bewiesen. Hier gibt es keine Tuktuks mehr, dafür Millionen von Rollern. Die Uni´s haben riiiiesige Parkplätze mit tauuuuusenden Rollern in Reih und Glied aufgestellt. Jedes Café oder Restaurant hat hier einen eigenen Rollerparkplatz mit Parkplatzwächter, der ein Stück Pappe auf den Roller legt. Jeder Supermarkt hat hier Rollerzubehör und Helme usw. Der Wahnsinn! Und dementsprechend ist es auch noch schwieriger, die Straße zu überqueren, da man die vielen Roller nicht im Blick hat. Zwei Mal wurde ich schon von einem Spiegel getroffen, die sind so rücksichtslos.
Im Hotel hatte ich ein 6Bett Frauenschlafsaal gebucht, einen 10Bett gemischten Schlafsaal bekommen. Gemischt ist vielleicht falsch ausgedrückt, ich hab mir das Zimmer mit neun Kerlen teilen müssen. Duschen gab es zwei, Klo eins und alles war mit im Zimmer. Und zwar so blöd gemacht, dass es offene Kabinen waren, die nur mit Milchglas das nötigste verdeckten, sodass man hören, riechen und sehen konnte, was der Zimmernachbar im Bad macht. Dementsprechend hab ich meist das Klo in der Lobby genutzt. Normal hab ich ja kein Problem mit einem gemischten Schlafsaal, aber wenn man sich den mit einem Araber teilt, der den ganzen Tag schläft, und acht Kanadiern, die die ganze Nacht saufen, tagsüber bis nachmittags schlafen und die ganze Zeit rumfurzen oder Weiber mit heimschleppen, dann ist das nicht so toll. Und warum Männer nicht einsehen, WIE eklig es ist, dass sie im Stehen pinkeln, wenn schon der ganze Boden vor Urin klebt, versteh ich auch nicht ganz.
Am ersten Abend hatte ich mich nur noch in eines der hundert Cafés gesetzt. Mein Heimweg war lang, es war nach zehn. Die Regel nachts nicht allein herumzulaufen, ignoriere ich schon lange. Solang ich nicht in irgendwelchen abgelegenen dunklen Gassen unterwegs bin, finde ich es hier eigentlich nicht so gefährlich. Ich hab mich zumindest noch nie wirklich unsicher gefühlt. An diesem Abend ein weiterer Unterschied zwischen den Ländern: In Kambodscha konnte man für einen Dollar eine Fußmassage von Fischen bekommen, in Vietnam bekam man kostenlos eine Fußmassage von Ratten. Kaum setzte man einen Fuß auf den Boden, rannten einem die Ratten über die Füße. Was war ich froh, dass ich Ratten mag, so manch andere hätten damit wohl ein kleines Problem gehabt. Ich war nur froh, dass sie auf mich getreten sind und nicht umgekehrt, da so manche Ratte mich nicht unbedingt freundlich angesehen hat und ich dann doch manchmal ein wenig Angst um meine nur in Flipflops gekleideten Füße hatte.
Am nächsten Tag ging es gleich um neun los zum Sightseeing. In der Lobby gab es erstmal noch gutes Frühstück mit Leuten, die nicht besoffen und nicht Kanadier waren, sodass ich auch nochmal ein paar gute Reisetipps bekommen habe. Erstmal hab ich mein Busticket gebucht, dann ging es zum Opernhaus, wo mich zwei Mädels zur Seite gerufen haben, die mich für ihre Schule mit tausend Fragen gelöchert haben. Dann ging es zu Kathedrale, bis dahin hab ich schon 11 Brautpaare gesehen, alle alleine, Hochzeitswagen ist ein Roller, keine Ahnung, ob die hier ohne Familie heiraten. Danach… joah, war ich fertig mit Sightseeing. Mehr gab es nicht zu sehen, nur moderne Hochhäuser, Werbereklamen und Fastfoodketten. Den Mittag hab ich wieder in einem Café verbracht, danach wollte ich ins Kriegsmuseum, musste aber feststellen, dass ich erstmal Geld wechseln sollte. Also hab ich nach einer Wechselstube gesucht, aber keine gefunden, solange, bis ich wieder am Hostel gelandet bin. Vor lauter besoffenen Kanadiern konnte ich da aber auch nichts anfangen, also hab ich mich ins nächste Café gesetzt, wo ich mit einer Brasilianerin bis zum Abend saß.
Am nächsten Morgen ging es schon um sieben Uhr an die Bushaltestelle, diesmal zu Fuß, da nur über die Straße. Dort startete dann meine eigentlich 6Stunden Busfahrt, die sich allerdings dank eines Druckfehlers als 11Stunden herausstellte. Der Bus war voller Touristen, ich hatte natürlich wieder einen Chinesen neben mir, der kein englisch sprach, aber zum Glück nur einmal gerotzt hat. In den Pausen konnte ich mich aber zumindest mit ein paar Leuten unterhalten. Und da es mir nicht wirklich schwer fällt, gleich nach Abfahrt einzuschlafen, hab ich die ersten fünf Stunden sinnvoll genutzt. Zu sehen gab es nicht viel, da man nur einen durchgängigen Ort gesehen hat. Da hat man keinen Anfang und kein Ende gesehen, nur Häuser. In Mui Ne, einem kleinen Touristenort am Meer, hätte man denken können, man ist in Russland, dort stand alles in Russisch angeschrieben. Wir hatten dort 40Minuten Mittagspause, die ich mit einem älteren Herrn aus der Schweiz am Strand verbracht habe. Als wir zurückkamen, stiegen noch zwei neue Leute in den Bus, 40 andere waren hier ausgestiegen. Mit jeder Menge Platz und einer schönen Ruhe ging es dann also weiter. Mir mangelte es nun mittlerweile an Müdigkeit, es mangelte allerdings nicht mehr an Sehenswertem. Die Ortschaft hatte aufgehört und zu sehen war eine herrliche Landschaft und das Vietnam, das ich mir vorgestellt habe. Unendliche grüne Reisfelder, traumhafte Berge zur linken, das Meer zur rechten, Wasserbüffel, Bauern bei der Reisernte, Kinder, die eine Herde Ziegen hüteten, Ochsenkarren voller Heu, Frauen mit ihren Spitzhüten, die Körbe voller Obst an Bambusstangen über ihren Schultern trugen, Fahrräder voll beladen mit großen Säcken Reis, alte Vietnamesen in Hängematten liegend, kleine Siedlungen inmitten der Reisfelder, umrandet von Palmen,… traumhaft! Bei einer weiteren Pause gab es noch einen schönen Blick auf einsame Strände, bevor es nach vielen weiteren Stunden Fahrt wieder in einen Touristenort ging. In Nha Trang kamen wir dann bei Dunkelheit an, mein Hotel war glücklicherweise wieder nicht weit entfernt. Gebucht war ein 5Bett Frauenschlafsaal, bekommen habe ich ein 8Bett gemischten Schlafsaal. In Vietnam stimmen Buchungen und Realität nicht wirklich überein. Aber ok, hier hatte ich zumindest noch zwei Mädels und das Bad war außerhalb. Durch die lange Busfahrt hatte ich ziemliche Kopfschmerzen, was bei mir schon was zu bedeuten hat, und war nicht unbedingt voller Euphorie, als mich die 4Kanadier aus meinem Zimmer überreden wollten, mit auf Party zu kommen. Ich bin dann mit einer Amerikanerin noch ganz ruhig italienisch essen gegangen und hab den Abend mit Film gucken vorm Laptop verbracht. In diesem Ort ist ebenfalls alles russisch. Es gibt Direktflüge von Moskau hierher. Dementsprechend ist das hier ein beliebter Urlaubsort der Russen. Ich hab echt Angst bekommen, die schauen alle so böse aus. Die sagen nicht mal „Danke“ in einem Supermarkt, sondern gucken nur ganz grimmig, in Restaurants haben sie tausend Extrawünsche, die sie den Kellnern pampig beibringen, und die Mädels laufen so nuttig und eingebildet herum, dass ich mich echt fürchte, bei dem Gedanken, dass ich bald einen ganzen Monat in Russland verbringen werde. Aber gut, erstmal abwarten. Schließlich wären wir auch nicht gut dran, wenn man von dem Verhalten deutscher Touristen am Ballermann auf das gesamte Deutschland schließen würde.
Heute hab ich nun meine Kopfschmerzen ausgeschlafen bis um neun, hab mich dann leise beschäftigt, um die besoffenen Kanadier nicht zu wecken, die Amerikanerin war schon weg. Um zwölf musste ich dann auschecken, hab meinen Rucksack im Hotel gelassen, mir ein Restaurant mit Klimaanlage gesucht und Blog geschrieben. Danach ging es in eine richtige italienische Eisdiele, wo es leckere Waffeln mit richtigem italienischen Eis gab. Zu sehen gibt es hier nichts, nur Strand mit besoffenen Russen, teure Urlaubsresorts und Hotelhochhäuser. Das soll hier das Ibiza Asiens sein. Also nix für mich. Für nachher hab ich schon ein kleines deutsches Restaurant ausfindig gemacht und ins KFC geht’s nochmal, um den Blog online zu bringen. Bilder gibt es nicht viele, entweder gab es nichts Schönes zu fotografieren oder es war so schön, dass es eine Schande gewesen wäre, das durch das dreckige Busfenster zu fotografieren. Mein Bus fährt um sieben, diesmal hab ich gleich den Nachtbus gebucht, in der Hoffnung, dass sich 12Stunden Fahrt in einem Bett besser überstehen lassen. Kopfschmerz und Schwindel von gestern sind noch nicht ganz verschwunden. Keine Ahnung, ob das nun noch auf die Busfahrt zurückzuführen ist, an der schlechten und spärlichen Ernährung der letzten Wochen liegt oder mich doch noch irgendeine Krankheit heimsucht, ich werde sehen. Momentan bin ich ziemlich genervt vom Reisen. Diese Art von Fortbewegung ist einfach nichts für mich. Man lernt nichts kennen von Land und Leuten, man trifft hauptsächlich Partytouristen, man wird von einem Touristenspot zum nächsten geschafft, man hat null Freiheit, null Ruhe, null Privatsphäre. Für mich sind Reisen mit einem eigenen Fahrzeug definitiv besser geeignet, ich mag Freiheit, Spontanität und Abenteuer mehr, als das, was alle tun. Meine Hoffnung beruht nun auf meiner Chinaroute, die ich zum Glück so geändert habe, dass mich nicht noch mehr Touristenhochburgen erwarten, sondern Natur, Kultur und Abenteuer abseits der Touristenwege. Und ich bin dann mit dem Zug unterwegs, was ich mir wesentlich einfacher und gemütlicher vorstelle, als Busfahren. Mal sehen, aber meine nächste große Reise geht definitiv nach Kanada, wo ich mir wieder ein eigenes Auto beschaffen und mich problemlos verständigen kann. Aber bis dahin ist noch lange…
Neuigkeiten um meinen Flug in Russland: Es gab ein Rettungspaket, das der Fluggesellschaft helfen soll. Neue Finanzierungspläne stehen bereit und der Flugverkehr soll vorerst aufrechterhalten werden. Ich werde sehen, ob sie mich Ende Mai noch nach Hause bringen. In zwei Wochen steht erstmal ein Flug innerhalb Chinas an, bei dem ich kein Ticket erhalten habe, sondern man mir versichert hat, dass mein Reisepass ausreicht, um einzuchecken… ich bin gespannt.


