Muss nur mal eben loswerden, dass ich heute genau ein Jahr unterwegs bin. Vor genau einem Jahr gab es den tränenreichen Abschied am Frankfurter Flughafen, vor genau einem Jahr bin ich vollkommen nervös ins unbekannte Abenteuer gestartet, vor genau einem Jahr wurde mein ganzes Leben in einen Rucksack gepackt,… für soooooo lange Zeit. Und jetzt ist die Reise schon fast wieder vorbei. Wie sind nur all die Tage fernab der Heimat so schnell vergangen? Zur Feier des Tages hab ich mir mal meine über 3000 Neuseelandbilder angesehen und musste feststellen, dass ich ganz vergessen hab, WIE toll Neuseeland war. Solche atemberaubend schönen Bilder kommen mir jetzt so unreal vor, kaum zu glauben, dass ich wirklich da war. In diesem einen Jahr hab ich mehr gesehen, als in meinem ganzen bisherigen Leben und ich kann es eigentlich noch gar nicht so richtig verarbeiten, weil ich ja noch mittendrin stecke und jeden Tag neues dazukommt. Ich bin jedenfalls froh, den Schritt getan zu haben und auch froh, dass ich die geplanten 12Monate Neuseeland noch mal ordentlich umgeschmissen habe.
Des Weiteren bin ich nun gestern Morgen nach einer kalten Dusche aus meinem tibetischen Zufluchtsort mit dem Bus wieder nach China. Die Busfahrt hat sich ziemlich gezogen, da wir in jedem kleinen Ort gehalten haben, um Leute ein- und auszuladen. Neben mir saß ein Chinese, der außer Rotzen wieder keinen Ton von sich gegeben hat. Zu allem Überfluss hat man mir den Sitz in der ersten Reihe gegeben, das Dümmste, was einem in Asien passieren kann. Man hört die ständig genutzte Hupe am lautesten, sodass Schlafen nicht drin ist. Und man sieht, wie all die Vollbremsungen zustande kommen, wo man am liebsten die Augen schließen möchte, aber trotzdem immer wieder auf die Kurve schauen muss, aus der wir fast rausfliegen oder den Motorradfahrer, den wir fast umfahren oder den LKW, der uns beim Überholen in der Kurve entgegenkommt. Ich hab es dann aber doch irgendwie überlebt und bin wieder zurück in Lanzhou gewesen, wo mich die Leute wieder angestarrt haben, als hätten sie nie vorher einen Ausländer gesehen. Mit dem Stadtbus ging es durch die Straßen, am erstbesten KFC raus. Nach schlechtem Essen und starrenden Leuten ging es weiter zum Bahnhof, ins nächste KFC. Abends um neun hab ich mich dann mal in den Bahnhof begeben, wo ich mich mit Händen und Füßen irgendwie bis zum richtigen Bahnsteig durchgefragt habe. Kaum wurde eine halbe Stunde vor Abfahrt die Absperrung geöffnet, ging das Gedrängel wieder los. Man könnte meinen, man wäre auf einem Schulausflug, nur dass das hier eben Menschen jeden Alters waren, die sich geschubst, getreten und weggezogen haben, um in den Zug zu kommen, obwohl jeder sein Ticket mit Platz-/Bettnummer hatte. Nachdem jeder sein Bett bezogen hatte, habe ich mit dem üblichen lauten, chinesischen Gemurmel gerechnet, aber nichts, alles ruhig, jeder saß stillschweigend da und war mit seinem iphone beschäftigt. Ich hatte ein Bett im Großraumwagon, also mit ca. 40-50 anderen, aber sobald der Zug pünktlich um zehn gestartet ist, hat sich jeder schlafen gelegt und die Raucher mussten zwischen den Waggons ihre Zigarette genießen. Am Morgen um sechs hat uns dann der Schaffner geweckt, eine halbe Stunde später waren wir dann in Xian. Da mir mein Hostel irgendwie nicht auf meine Emails geantwortet hatte, hab ich mir unkompliziert meinen Weg mit dem Bus ans andere Ende der Stadtmauer gesucht. Mittlerweile bin ich schon ganz gut mit den chinesischen Zeichen und meinen Weg such ich mir vorher mit google maps raus, da haben die die Busverbindungen in den chinesischen Städten ganz genau. Im Hostel angekommen hatte man mir dann gesagt, dass jemand am Bahnhof auf mich wartet, der mich hätte abholen sollen. Zu spät, ich hab keine Email bekommen und auch keinen mit meinem Namen gesehen. In meinem sauberen, gemütlichen Viererzimmer habe ich bisher noch keine Bettnachbarn bekommen. Nach einer schönen warmen Dusche, hab ich mir dann ein Schweizer Frühstück gegönnt: Müsli mit richtiger Milch, die aus einer richtigen Kuh kam, also ohne Yak. Toast, dass ohne Yak gebacken wurde. Butter, die nichts vom Yak beinhaltete. Käse, ganz ohne Yak. Und… jetzt kommt es… Darbo-Marmelade!!! Der Wahnsinn, original österreichische Erdbeermarmelade, ich hab jedes Bisschen davon genossen.
Danach ging es in die Stadt. Ziel: Zugtickets. Da ich aber den Ticketschalter, der in einer Bank versteckt war nicht gleich gefunden habe, bin ich weiter gelaufen, vorbei an zig McDonalds, Burger Kings, Dunkin Donuts, Subways, KFCs und Starbucks. Dieses Land hat recht krasse Unterschiede, von vollkommen zurückgeblieben, bis absolut modern. Hier singen keine Frauen mehr alte Volkslieder, hier tanzen die Jungen auf der Straße zu chinesischen Hiphop und Techno und singen in einer der tausenden Karaokebars englische Charts und Sound of Music (jap, auch hier sind sie verrückt danach). Hier findet man keine kleinen Shops mit Yakprodukten, hier reihen sich die Modegeschäfte aneinander und machen sich lautstark mit allen Mitteln Konkurrenz. Hier muss man nicht den ganzen Ort nach Klopapier absuchen, hier gibt’s es an jeder Ecke riesige Supermärkte. Ja, ich muss ehrlich sein, nach einer Woche tibetisch hab ich mir mal einen tollen Karamell Latte Macchiato mit einem Schokomuffin im Starbucks gegönnt… ich brauchte mal wieder westlichen Luxus.
Nachdem ich dann noch auf einem riesigen Markt verlorengegangen bin, hab ich irgendwann dann doch mal den Ticketschalter gesucht und gefunden. Die Schlange war wieder lang und ich hab mich schon darauf vorbereitet, wie ich mit Händen und Füßen erklären kann, wo ich hin will, als die Frau am Schalter plötzlich englisch mit mir sprach. Wow! Auch im Hostel spricht jeder Angestellte englisch. Wow!! Und die Leute auf der Straße gehen an mir vorbei, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. Wow!!! Man merkt eindeutig, dass das hier wieder eine Touristenstadt ist. Ich hab dann jedenfalls noch meine zwei Zugtickets bekommen, auch wenn meine geplanten Züge schon ausgebucht waren (es gibt echt zu viele Menschen in diesem Land) und auch wenn ich für den Nachtzug nach Peking nur noch einen Sitzplatz bekommen habe. Aber für insgesamt 18€ durch halb China fahren zu können, ist doch durchaus fair.
Meine Lettische Fluggesellschaft hat mir auch mal wieder geschrieben. Beim ersten Mal wurde mein Flug um eine Stunde vor verlegt, nun wurde er wieder eine halbe Stunde nach hinten verlegt, aber mit der gleichen Ankunftszeit. Komisch, haben die jetzt langsamere Flugzeuge oder fliegen sie jetzt eine längere Strecke? Ich werde sehen, was sich in den nächsten sechs Wochen noch ändert. Sechs Wochen! Ich bin fast zu Hause! Wie schnell die Zeit vergeht… Und seht mal, wie kurz mein heutiger Eintrag ist, nur zwei Seiten lang. Gut, wa?
