Lake Baikal - Die Perle Sibiriens
- Christina Otto
- 18. Mai 2012
- 7 Min. Lesezeit
Hier nun der nächste Bericht, hoffentlich nicht wieder in Buchlänge… Von Ulan Bator hab ich mich dann also mit dem Bus auf den Weg nach Russland gemacht. Es hat sich bestätigt, dass es wirklich die schnellste und billigste Variante ist. Wir haben Mittagspause kurz vor der Grenze gemacht, wo sich rausstellte, dass meine Sitznachbarin, die ich eigentlich für eine Russin gehalten habe, aus New York ist. Dementsprechend hatte ich dann einen guten Gesprächspartner. Auf Mongolischer Seite mussten alle ihr Gepäck ausladen, wir bekamen unseren Stempel und schon waren wir fertig. Dann ging es zur russischen Seite, wo schon alle im Bus gerätselt haben, wie viele Stunden wir wohl dort festsitzen. Unser Gepäck wurde von Hunden durchschnüffelt, unser Bus wurde inspiziert, wir haben unsern Stempel bekommen und schon waren wir fertig. Damit hat wohl keiner gerechnet. Als ich wieder aus dem Gebäude rauskam standen auf der anderen Seite, wo die Autos kontrolliert werden, drei Autos aus den Niederlanden und einer mit WAK-Kennzeichen. Die Insassen waren nicht anzutreffen, sonst hätte ich mich noch mehr gefreut. Nach über 13 Monaten mal wieder europäische Kennzeichen und dann auch noch einer aus der Heimat. Unglaublich…ich komm immer näher.
Die Busfahrt war schön, die Russen teilen gern ihr Essen und auch meine Tofifee kamen mal wieder super an und durch die New Yorkerin, die Russisch spricht, hatten wir gute Unterhaltungen. Die Landschaft änderte sich sehr bald in Birkenwälder mit sibirischen Holzhäusern und sowjetischen Plattenbauten. Gegen sechs kamen wir in Ulan Ude an. Ich hatte eine Visitenkarte von einem Hostel, aber nichts gebucht und keine Ahnung, wo es sein könnte. Eine russische Familie hat die New Yorkerin abgeholt und kurzerhand beschlossen mich zum Hostel zu bringen. Hostels sind in Russland schwer zu finden, da sie versteckt sind in normalen kleinen Mietwohnungen ohne irgendwelche Schilder von außen, da das wohl viele illegal machen. Nach ein wenig hin und her fahren haben wir es gefunden und die ganze Familie ist mit mir gegangen, in der Hoffnung einen besseren Preis zu bekommen. Hab ich noch 1€ pro Nacht für ein Einzelzimmer in Kambodscha bezahlt, bin ich hier schonwieder in heimatlichen Preislagen und muss für ein Bett im Schlafsaal schon 13€ bezahlen. Meine Begleiter wussten aber noch ein anderes Hotel, näher am Bahnhof, wo sie uns dann hin gebracht haben. Dort hab ich mir mit der New Yorkerin ein Zimmer geteilt und kam billiger weg. Dann wollten sie uns noch die Stadt zeigen, also sind wir zum großen Leninkopf gefahren, haben uns in einem Park eine Springbrunnenshow angesehen und haben um zehn Uhr abends (hier sind die Tage verdammt lang) einen wahnsinnig tollen Sonnenuntergang gesehen über einer tollen russischen Kirche mit Goldkuppel. Danach haben sie uns noch zum Essen eingeladen in das Restaurant ihrer Freunde, die dann extra wegen uns noch tolle Sachen gezaubert haben. Mit dem russischen Essen kann ich mich ganz gut anfreunden. Gab zwar wieder Schaf, aber es war sauber und bestand nicht nur aus Fett und Knorpel. Für all die Freundlichkeit wollten wir die Rechnung übernehmen, wurden aber belehrt, dass es total unhöflich ist, mit Russen um die Rechnung zu kämpfen, dann wären sie beleidigt.
Am nächsten Morgen wollten sie nicht, dass ich den schweren Rucksack alleine trage, die fünf Minuten Fußweg, also haben sie mich abgeholt und zum Bahnhof gefahren. Das Ticket haben sie am Vorabend noch für mich besorgt. Sie haben mir noch den Rucksack in den Zug geladen, mir meinen Platz gezeigt und erst als sie sicher waren, dass ich auch alles habe, was ich brauche, haben sie sich verabschiedet.
Im Zug hatte ich ein Bett im Großwagenabteil, neben mir zwei junge Russen (ein Vladimir, bisher der dritte, den ich kennengelernt hab, will mal zählen, wie viele Vladimirs ich hier treffe) und eine alte russische Dame. Den Jungs konnte ich schnell klarmachen, dass wir uns nicht verständigen können, aber zum Essen teilen und Landschaft bewundern hat es gereicht. Die alte Lady erzählte mir jede Menge Geschichten, auf Russisch, und wollte nicht verstehen, dass ich ihre Sprache nicht spreche. Der Zug brachte uns durch sibirische Wälder zum Baikalsee, wo wir fast drei Stunden am Südufer entlang fuhren. Riiiiiiiiiesige Ausmaße und in der Mitte hat man noch das dicke Eis gesehen. Hier mal paar Infos: Der Baikalsee hat die Größe Belgiens, mehr Wasser, als die Ostsee, ein Fünftel der Süßwasserreserven der Welt, ist mit 1642m der tiefste See und mit 25Mio Jahren der älteste Süßwassersee der Welt, über 300 Flüsse münden in den See und er hat eine Uferlänge von 2125km.
Am Abend kam ich in Irkutsk an, wo ich aufgrund überfüllter Busse und Straßenbahnen beschlossen habe in die Stadt zu laufen. Zweimal musste ich Pause machen, da mein Gepäck zu schwer und das Wetter zu warm war. Hier gibt es wieder überall Parkbänke auf denen man gemütlich rasten kann, es gibt getunte Autos und Jugend, die sich an irgendwelchen Ecken treffen… es wird immer mehr, wie zu Hause. Ich hatte wieder nur eine Visitenkarte von einem Hostel und stand vor einem großen Gebäude mit dem einzigen Hinweis „Backpacker doorbell“. Ich klingelte, aber keiner öffnete, also wartete ich und wartete und wartete. Irgendwann kam eine Frau, der ich die Karte gezeigt habe. Sie wohnte in dem Haus, wusste aber nicht, ob in der unteren Etage ein Hostel ist…komisch. Aber sie ließ mich rein, so dass ich im Treppenhaus gewartet habe. Mein Laptop hat das Wifi gefunden, sodass ich zumindest wusste, dass ich richtig bin. Eine halbe Stunde später kamen zwei Mädels, die auch dort übernachtet haben und ich konnte drinnen warten. Zwei Stunden später kam endlich mal jemand, der dort arbeitete, ich konnte einchecken und bin dann nochmal in den Supermarkt. Da ist der Vorteil, dass es auch um zehn noch nicht dunkel war. Die Preise im Supermarkt sind den deutschen sehr ähnlich und ich war geschockt, dass ich für einen kleinen Einkauf gleich mal 20€ los war. Aber ich hatte lauter tolle Sachen, Lachsschinken, Edamer, Schwarzbrot, …
Am nächsten Tag wollte ich erstmal bisschen was tun, also Tickets ausdrucken, die nächsten Hostels buchen, nach Job gucken, Blog schreiben, … gekommen bin ich zu nichts, da auch hier wieder jede Menge interessanter Leute sind und den ganzen Tag nur gequatscht wurde bis spät in die Nacht.
Am nächsten Tag war mein eigentliches Ziel mal an den See zu fahren, aber irgendwie war die Nacht so kurz und die Lust so gering, dass ich mit einer Münchnerin den Tag verbracht habe, auf der Suche nach Postkarten. Nebenbei erwähnt haben wir fast ausschließlich englisch geredet, auch wenn wir allein waren. Also, wenn ich wieder daheim bin, wer sein englisch verbessern will, kann gerne englisch mit mir reden. Hab so meine Probleme mit der deutschen Sprache. Wenn ihr wüsstet, wie oft ich hier beim Schreiben im Wörterbuch nachschlagen muss, weil mir das deutsche Wort nicht mehr einfällt. Die Stadt hat nicht allzu viel zu bieten, ist aber ganz nett. Wir haben gleich mal eine Regel gebrochen und sind in eine Kirche spaziert, ohne daran zu denken, dass man hier ein Kopftuch tragen muss. In einer Straße wurden wir auf einen Russen in Lederhose aufmerksam, der Türsteher vom „Bierhaus“. Wir hatten überlegt dort Mittag zu essen, haben allerdings bei den hohen Preisen beschlossen, dass ich ja nicht mehr allzu lange habe, bevor ich wieder deutsches Essen genießen kann und das russische ist ja nicht schlecht. Die Leute hier sind äußerst gesprächig und die Männer äußerst flirtwillig, alle aber dann doch etwas erstaunt, wenn ich ihnen nicht in Russisch antworten kann. Hier sehe ich aus, wie jeder andere, keiner sieht mich mehr schräg an, wie in China. Und ich kann endlich wieder lesen, was so überall geschrieben steht, da ich ja wenigstens so fleißig war, das Alphabet zu lernen.
Am Abend kamen zwei Franzosen an, mit denen wir um zehn losgezogen sind. Wir hatten eigentlich Tanzlust, aber keiner der Clubs hier hat mittwochs geöffnet, bzw. hatten die zwei offenen Eintrittspreise von 10€. Also sind wir in einen englischen Pub, wo wir schräg angesehen wurden, als wir den Wodka mit Cola mixen wollten. Die Russen sind hart genug, die brauchen keine Mixgetränke. Unter den wenigen Gästen war der Schlagzeuger einer Band, der ein wenig englisch sprach. Nach nur einer halben Stunde wurden wir wieder rausgeschmissen. Trotz Öffnungszeiten bis drei Uhr haben sie beschlossen schon um elf zu schließen. Mit dem besagten Schlagzeuger und vier weiteren Russen sind wir dann durch die verlassene Stadt vorbei an all den geschlossenen Bars in einen anderen Pub gelaufen. Auch dort haben wir nur eine halbe Stunde verbracht, bevor wir mit Schokoladenhunger in den nächsten Supermarkt gelaufen sind. Auf dem Heimweg sind wir in einem Park stecken geblieben, wo wir ein paar betrunkene Russen beobachtet haben, die mit Feuer jongliert haben. Irgendwann haben sie Gefallen daran gefunden, sich mit uns zu unterhalten, oder es zumindest zu versuchen. Einer konnte „whats your name?“, „sehr gut, Friedrich“ und „ Do you sprechen ruski?“ sagen. Dementsprechend hart war die Kommunikation. Ein anderer konnte ein paar Brocken englisch mehr, konnte uns erzählen, dass er der Beste in Englisch war, in der Schule, wo wir uns dann gefragt haben, ob die nur einen ganz anderen Unterricht haben oder ob sie wirklich so schnell alles erlernte wieder vergessen können. Es war aber trotzdem ein ziemlich lustiger Abend und wir kamen erst um vier Uhr ins Bett.
Aufgrund der kurzen Nacht hatte ich auch gestern wieder keine Lust irgendwas zu tun, außer in den Supermarkt zu laufen. Noch dazu war es nicht mehr sommerlich warm, sondern eisig kalt und es schneite den halben Tag. Es kamen noch zwei Holländer an, sodass ich wieder den ganzen Tag nur mit Quatschen verbracht habe. Am Abend haben wir gar nicht erst versucht, etwas zum Weggehen zu finden, sondern wieder nur am Küchentisch gesessen. Es kam noch ein älterer deutscher Herr an, der das erste Mal in seinem Leben in einem Hostel war und nicht ganz verstanden hat, warum man hier zusammenhockt und redet. Er hat uns mit „Sie“ angeredet und wir ihn sicherheitshalber auch, er musste punkt Acht sein Abendbrot haben und um zehn im Bett liegen. Da wurde ich wieder daran erinnert, dass ich mich bald wieder an die deutsche Spießigkeit und den Stress gewöhnen muss.
Heute ist es wieder kalt, also verkrieche ich mich wieder im Hostel. Die anderen sind alle schon wieder weiter gezogen, sodass ich genug Zeit habe, endlich mal was zu tun. Um sieben Uhr abends muss ich am Bahnhof sein, dann geht’s 55 Stunden lang durch Sibirien nach Yekaterinburg. Ihr hört also vielleicht am Montag wieder von mir.





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