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Indien - Der Kulturschock

Also ich habe ja schon ein bisschen erfahrung mit asien. malaysien, singapur sind noch sehr einfach. russland und mongolei sowieso eher europäisch. kambodscha, vietnam, thailand sind schon viel heftiger. und china war für mich bisher das härteste, wo meine treuen blogleser vielleicht auch noch wissen, dass ich damals schon fast meinen rückflug gebucht habe. aber hätte ich einen tag länger in indien bleiben müssen, dann wäre das das ende der reise gewesen.

ich war also in dem vollgepfropften flugzeug. das selbe schauspiel, wie schon in china. drängeln und schupsen, die stewardessen waren ständig damit beschäftigt, die leute darauf hinzuweisen sich hinzusetzen, die handys auszumachen, nicht zu rauchen, alle sprangen schon auf und wühlten in den gepäckfächern umher, als wir gerade mit dem ersten rad auf der landebahn aufgesetzt haben. total bekloppt.

als wir landeten wurde ich schon gleich rausgezogen. wir waren zu fünft, die ihre weiterflüge in einigen stunden hatten. ich hatte 19std zeit und habe deswegen das visum beantragt, um nicht im flughafen festzusitzen. das ich das noch bereuen würde, wusste ich zu dem zeitpunkt noch nicht. wir wurden abgeführt, keiner wusste wirklich wohin. wir kamen zu einer transitpasskontrolle, wo man uns harsch sagte, wir hätten einen transitflug und müssen die stunden im transitbereich verbringen. ich war die einzige, die sagen konnte: nö! ich hab ein visum. da haben sie erstmal dumm geguckt und wussten nicht, was sie nun tun sollten. man schickte mich zum nächsten, und zum nächsten, und zum nächsten. keiner wusste wirklich weiter, jeder flaumte mich nur blöd an. irgendwann ließ man mich durch zur normalen passkontrolle. dort zeigte ich mein visum, erklärte, dass ich keine einladung habe und daher auch keine adresse in indien. der erste, der mal ein bisschen freundlicher war. er schrieb mir einfach irgendeine hoteladresse drauf und schickte mich zum nächsten. auch dort musste ich wieder meine situation erklären. ich bekam endlich meinen stempel, ich konnte in die nächste schlange gehn. dort wurde kontrolliert, ob man einen einreisestempel hatte. dann richtung gepäckausgabe und in die nächste schlange. dort wurde die boardkarte kontrolliert. nicht das jemand zum gepäck kommt, der in keinem flieger war. hä?! es war fünf uhr morgens und ich verbrachte erstmal noch 2std am gepäckband, um zeit rum zu bekommen und sicher zu gehen, dass mein rucksack nicht auftaucht. der war nämlich eingecheckt bis nach singapur.

es war spät genug, mein rucksack war auf dem weg in den nächsten flieger, ich hatte genug informationen im internet gesammelt, ich wollte los. ein weiteres mal wurde mein ausweis kontrolliert, ein weiterer grimmiger blick dazu. ein weiteres mal wurde mein hab und gut durchgescannt und dann war ich endlich in der ankunftshalle. ich erinnere mich noch an meinen aufenthalt in japan. ich hatte durch die ganze flugumschieberei nur noch 6std aufenthalt in tokio. die beamten dort waren ganz begeistert, dass ich den flughafen verlassen wollte. mit ihren waffen in der hand und einem lächeln auf den lippen, beschrieben sie mir noch den weg zum naritatempel und wünschten mir viel spaß. da hat man doch gleich einen ganz anderen ersten eindruck vom land.

ich suchte mir meinen weg nach draußen. ich entschied mich gegen das zugfahren. es stand beschrieben, als adrenalinkick der besonderen art. ich geh gern bungeejumpen, aber in indien zug fahren war dann doch ein bisschen zu viel. wer mal die bilder gesehen hat, da quetschen die sich in die züge, überall zu den fenstern und türen hängen menschen raus, auf dem dach fahren welche mit und insbesondere zur rushhour wollte ich solche szenen nun wirklich nicht riskieren. ich buchte mir ein taxi für umgerechnet 10€, bekam ein taxi zugewiesen und das abenteuer begann. wer mal in asien unterwegs war, weiß, was ich meine. überall hupen und verrückte fahrer, aus 2fahrspuren werden 4, wer nicht drängelt kommt nicht voran. mein verrückter fahrer rammte drei autos und legte einen fahrradfahrer um. war wie autoscooter fahren. und, ich bin es ja nicht mehr so gewohnt, ich suchte erstmal nach einem gurt. was?! wer braucht denn sowas?!

während der fahrt wurde ich wieder ausgefragt, warum ich alleine reise, ob ich verheiratet bin, warum ich noch nicht verheiratet bin, ob ich einen freund habe, usw. irgendwann fragte er mich, ob er die schnellstraße fahren soll, die kostet aber geld. da hab ich gesagt, nö, ich hab ja zeit. da war der so böse, dass er die ganze fahrt nicht mehr mit mir redete und mir auch am ende nur mit einem "mhhh" zu verstehen gab, dass wir das ziel erreicht haben. doofer!

da stand ich nun. mitten in mumbai. einer stadt mit über 12millionen einwohnern allein im stadtkern, über 18millionen mit den vororten. überall um mich herum waren menschen. menschen, menschen, menschen. ich wusste nicht wohin, musste mich erstmal orientieren, wurde ständig in eine andere ecke geschubst. ich bin erstmal dem strom nachgelaufen. die männer haben mich schon von der ersten minute genervt. man wird hier angestarrt, wie ein stück fleisch. indische männer sehen in jeder weißen frau einen pornostar. ich suchte mir also eine frau aus, um mir sagen zu lassen, wo es lang geht. das ist hier einfach, jeder spricht englisch. allerdings habe ich mit dem indischen dialekt ein großes problem. ich verstehe meist gar nichts. und da die halbe bevölkerung kaum noch zähne im mund hat, macht das die sache noch schwieriger. jedenfalls sagte mir die frau, es sei viiiel zu weit zum laufen. ich solle lieber ein taxi nehmen. Ich schob mich mit einem anderen menschenstrom in eine richtung, in der ich mir taxis hätte vorstellen können. Ich fand auch zwei, fragte, wo es zum „gate of india“ ging und mir wurde gesagt, ich soll lieber laufen, das sind nur 10min fussweg geradeaus. Und so war es auch. Soviel also zu dem thema „viiiiel zu weit zum laufen“. Ich drängte mich durch die menschenmassen. Es war fast unmöglich zum fotos machen anzuhalten. Man fand einfach keine ruhige ecke. Immer wieder war ich angewidert von den menschen, die in aller öffentlichkeit popelten, rumrotzten, ihr geschäft verrichteten, usw. aber so langsam begriff ich, dass sie das nirgendwo anders machen konnten. In dieser stadt war man nie allein.

Meine nerven lagen schon blank, als ich die haupttouristengegend erreichte. Und da ging es erst richtig los. Mindestens 20typen gingen auf mich los und fragten mich, ob ich ein taxi bräuchte. Einer hat mich sogar am arm gepackt und wollte mich in sein taxi zerren. Die nächste etappe waren etliche typen, die mir irgendwelche touristentouren aufschwätzen wollten. Ein nein konnten sie nicht akzeptieren, auch meine mittlerweile hohe aggresivität schreckte sie nicht ab. Sie folgten mir weiter und ratterten ihre touren runter. Die nächste etappe waren die bändchenweiber. Die erste schnappte sich gleich meinen arm und wollte mir ein blumenbändchen umbinden. Ich sagte ihr, dass ich nicht interessiert bin, noch in einem netten ton, weil ich ja noch nicht wusste, dass die auch so lästig sind. Sie hielt trotzdem gewaltsam meinen arm fest und machte ihren knoten. Sie sagte mir, sie will kein geld dafür. Neiiiin, natürlich nicht. Wie ich nur auf so eine idee gekommen bin. Dann bin ich sie aber partout nicht losgeworden, sie hat mir immer wieder erzählt, sie hätte eine zwei jährige tochter, die ist krank, braucht medizin, usw. ok, indien ist ein armes land. Ok, eigentlich hab ich unterschätzt WIE arm indien wirklich ist. In mumbai leben weit über 50% der bevölkerung in slums. Und die sehen richtig übel aus. Ich hab ja schon einige 3.weltländer bereist, aber da waren keine slums vergleichbar mit dem elend der indischen.

Ich wollte diese frau jedenfalls irgendwie loswerden. Ich konnte nicht mal meine bilder von den gebäuden machen, sie stellte sich immer wieder vor die kamera. Ich hab kein problem, geld an bedürftige zu geben, aber zwingen lass ich mich dazu nun wirklich nicht. Ich schrie sie an und lief weiter. Zur hauptattraktion, dem gate of india, bin ich gar nicht näher ran gegangen. Da waren noch mehr aufdringliche leute, die gelauert haben. Dann kam ich an der etappe vorbei, wo mich zehn typen mit einer bootsfahrt nervten. Ich ignorierte sie und lief schneller. Mir kam ein mann entgegen, der sich schnell meinen anderen arm schnappte und mit festem griff gleich anfing, sein band um mein handgelenk zu wickeln. Ich erklärte ihm gleich etwas aggressiver, dass ich das nicht will, aber er ignorierte mich, drückte mir blumen und rote farbe in die hand und redete sein gebet runter. Als er seinen finger in die rote farbe tauchte, um mir den punkt auf die stirn zu drücken, war bei mir schluss und ich riss mich aus seinen klauen. Ich lief weiter und hatte so die schnauze voll von diesem land. Das war einfach zu viel, zu extrem, in der kurzen zeit.

Ich lief zu zwei taxis, die gerade uninteressiert abseits standen. Die waren nett, gaben mir einen fahrer, der aussah, wie 15 und durch nicht vorhandene zähne auch nicht mehr als 3worte gesprochen hat. Diesmal ein billiges altes taxi ohne klimaanlage, mit taxometer, was mich dann nur 7€ gekostet hat. Ihm hab ich auch ein gutes trinkgeld gegeben, der erschien mir gutgesinnt. Er fuhr eine andere route, am strand entlang. Wir brauchten trotzdem nochmal gut 45min bis an den flughafen. Vorbei an den vielen slums, dem megagestank, durch den chaotischen verkehr, aber diesmal ohne jemanden zu rammen.

Am flughafen angekommen wollte ich nur noch rein und mich irgendwo schlafen legen. Der letzte schlaf war nun schon über 30std her. Ich zeigte dem mann mit der waffe mein flugticket und er sagte „nö!“... hä?! Nö! Man kommt erst 4std vor abflug in den flughafen. Bitte was?! So einen scheiß hab ich ja noch nie gehört! Ich kochte vor wut. Aber er hatte eine waffe. Also fragte ich nochmal ganz nett, ob es da denn keine möglichkeit gäbe. Er ignorierte mich mit grimmiger miene und nahm den nächsten dran. Ich hatte nun also noch 8std bevor ich reindurfte. Und in die stadt zurück, würde ich ganz sicher nicht fahren. Ich hatte hunger, ich hatte durst, ich war wütend, ich war müde, ich war komplett durchgeschwitzt, es war also ein riiiichtig beschissener tag. Das einzige, was es außerhalb des flughafens gab, waren toiletten, auf denen man von den sicherheitsleuten verfolgt wurde, ein paar stühle im ankunftsbereich zum warten und einen starbucks. Ich vertrieb mir also schonmal 2std im starbucks, bekam was zum essen und zum trinken, schrieb blog, konnte ein wenig abkühlen. Ich schlief aber ständig am tisch ein, also ging ich wieder raus in den ankunftsbereich. Meinen rucksack schloss ich mit meinem kleinen schloss zu, versteckte ihn unter meinen beinen und versuchte auf zwei der stühle mega ungemütlich für ein paar std zu schlafen. Bei jedem aufwachen saßen andere typen vor mir, die mich anstarrten. Ich lag da bei 35°C und 89% luftfeuchtigkeit. Meine klamotten waren klatschnass und ich konnte mich schon selbst nicht mehr riechen. Die moskitos hatten festessen an mir, aber ich konnte nichts dagegen tun. Zumindest hatte ich da draußen internetempfang, sodass ich dem flughafen erstmal eine saftige email schrieb, auf die ich einen tag später die antwort bekam, ich hätte ja im transitbereich bleiben können. Ahhhh! Ruhig bleiben, die haben waffen.

Irgendwann war die zeit endlich rum, d.h. noch nicht ganz. Es waren 4std11min bis zum abflug. Ich ging zum eingang, zeigte mein ticket und er fing schon an mit „but your flight is...“ ahhhh!!!! ich versuchte ihm ganz ruhig zu sagen, dass das ja nur 11min mehr sind. Und nach einigem überlegen, hat er mich dann doch reingelassen.

Ich war drin! Endlich! Der erste gang war ins bad, waschen, deo, frisches tshirt. Gleich viel besser. Dann ging es zum schalter, wo man mir sagte, der check-in macht erst um 20:30uhr auf. Also um 20:30uhr wieder hin. Nee, erst um 21uhr. Also um 21uhr wieder hin. Nee, system abgestürzt, kommen sie doch um 22uhr wieder. Mmmmmmmmmmmm.... ich hatte hunger, hatte durst, und mein laptop brauchte strom. Und das alles gab es erst hinter dem securitycheck. Also bin ich um 21:30uhr nochmal hin und da ging es auf einmal doch. Idioten!

Die prozedur ging weiter. Er fragte nach meinem gepäck, ich sagte, es sei schon durchgecheckt bis singapur. „Nee! Das geht nicht!“ hä?! So wurde es mir aber in dubai gesagt und der rucksack ist ja nun auch nicht in mumbai rausgekommen. „nee! Das geht nicht! Das muss er nachprüfen." Eine ewigkeit verging. Dann war es auf einmal ok. Dann wollte er mein visum sehen. Das musste er auch nachprüfen. Eine ewigkeit verging. Dann stand auf meinem ticket ein T für transit. Das geht so nicht. Musste er auch nachprüfen. Eine ewigkeit verging.

nachdem er endlich mal fertig war mit mir, ging es durch die sicherheitskontrollen, wieder wurde alles doppelt und dreifach kontrolliert, wieder lief man von einer schlange in die nächste. Meine nerven waren am ende. Und dann hatte ich vor abflug gerade noch 30min, um mir schnell irgendwelche indischen nudeln reinzuschlingen, die mir vor lauter schärfe sämtliche geschmacksnerven betäubten.

Noch nie so froh, wieder im flieger zu sitzen, geht die geschichte im nächsten blog weiter...

 

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