unser farmhund tucker war ja nun leider vor einigen wochen im stolzen alter von 14jahren gestorben. Aber eine farm braucht einen hund, also hielt meine vermieterin ausschau nach einem neuen. In den wochen ohne hund, hab ich mir B6, ein schaf, zum haustier gemacht. Das wurde sicher mit flasche aufgezogen, war deshalb immer eher in meiner naehe, nie mit der herde unterwegs. Und es war dann so treudoof, dass ich es immer mit in den garten nahm. Es hatte also das beste gras von allen, erbettelte sich moehrchen und sonstiges vor meiner veranda, genoss also gewisse vorteile. Da es schon auf seinen namen hoerte (B6 ist nicht gerade einfallsreich, das ist nur die nummer auf seiner ohrmarke) und nach mir schrie, wenn ich heimkam, war es hoechste zeit, dass wir wieder einen hund bekamen...
ich hatte an einem donnerstag frei und war im garten zugange, als mir meine vermieterin erzaehlte, gerade am morgen bevor sie zu ihrem tennismatch aufbrach, dass wir einen 1,5jaehrigen hund auf probe bekommen. Einen stadthund. Einen schwererziehbaren. Aber sie wuesste nicht genau wann, irgendwann im laufe der woche. Sie war keine stunde weg, als ein auto auf den hof gefahren kam. Sehr ungewoehnlich, wenn man mitten im nirgendwo wohnt. Es stieg eine junge frau aus, highheels und schickes kleidchen, make up und top gestyled... der konnte man die stadt regelrecht ansehen. Und ja, das waren sie, die hundebesitzer. Sie erzaehlten mir, dass sie voellig ueberfordert mit dem hund sind. Sie haben einen dreijaehrigen jungen, der staendig ueberrannt wird. Der hund hat zu viel energie und zu wenig platz in einem kleinen vorgarten in der stadt. Naja...meine frage dann: warum holt man sich einen labradorwelpen, wenn das kind gerade einmal 1,5jahre alt ist. Das da keine zeit fuer hundeerziehung war, wusste ich von der ersten minute. Er holte stella an der langen leine aus dem auto. Toooootal hyperaktiv sprang sie schwanzwedelnd aus dem auto, rannte direkt auf mich zu, huepfte an mir hoch, schlabberte mich wild ab,... heilige sch***...so ein energiebuendel! Und muskelbepackt. Dass da ein dreijaehriger keine chance hat, war mir dann klar. Nachdem sie mich energisch begruesst hatte, wurde sie noch aufgeregter. Sie entdeckte B6, der gerade mit mir im garten unterwegs war. Normalerweise brauch ich ihn nur rufen und er laeuft mir hinterher, zurueck auf seine koppel. Aber die staedter waren so schlau und liefen mit dem hund in richtung des schafes. Dadurch war totale panik angesagt und ich musste drei runden durch den garten rennen, bevor ich das schaf eingefangen hatte. Wir schlossen alle tore und liessen stella ohne leine umherrennen und schnueffeln. Er erzaehlte mir gerade, dass sie zumindest noch nie ueber einen zaun gesprungen war, als wir sie schon auf der anderen seite sahen. Die beiden haben geschrien wie am spiess, der hund hat kein bisschen gehoert. Wow! Zu diesem zeitpunkt haette ich nie gedacht, dass sie jemals fuer das farmleben geeignet waere. Sie ist einfach ueber den zaun gesprungen, hat die elektroschocks komplett ignoriert in ihrer aufregung. Wir sind losgerannt, um sie zurueckzurufen. Ploetzlich hoerte man die hundebesitzerin schreien. Sie war in ihrem langsamen stoeckel-schuh-umknick-gerenne in das groesste spinnennetz auf dem grundstueck gerannt. Ha! Das hatten wir immer da gelassen, sah schoen aus, extrem stark, gehoerte zu einer riesigen golden-orb-spider. Und sie rennt voll rein. Ich musste mir echt das lachen verkneifen. als wir alle am zaun standen und nach stella gerufen haben, die schon fast bei den schafen angelangt war, hoerte man ihn schreien. Er hatte die metalbox mit leckerli geholt, um mit dem rappeln stella zurueck zu locken. Ich hatte ihm vorher gesagt, dass ueberall strom auf den zaeunen war. Er lehnte allerdings die metallbox auf den zaun. Wir konnten auch einige meter entfernt noch den schlag hoeren, den er bekommen hat. Wow! Diese stadtmenschen! Unglaublich! Ich glaube, die werden heimkommen und beschliessen, dass sie nie wieder aufs land fahren.
Wir konnten stella irgendwann wieder zuruecklocken. Ich glaube, die beiden waren etwas beschaemt von ihrem hund und wollten auf einmal schnell weg. Da war ich nun...alleine mit diesem energiebuendel. An gartenarbeit war nicht mehr zu denken. Sie schleppte mir andauernd meine sachen weg, schlabberte mir das gesicht ab, wenn ich unkraut rupfen wollte und sprang in die schubkarre, wenn ich zeug wegfahren wollte. Dieser hund war vollkommen durchgeknallt!
Ich machte mittagspause, nahm sie an der leine mit zu mir rueber. Veronica rief an, da sie erfuhr, dass der hund schon da ist und war schon schockiert, als ich ihr erzaehlte, was bisher passiert war. Sie fuhr gleich nach dem tennis heim, war um drei da und nochmehr schockiert, als sie stella kennenlernte, da sie genauso energisch begruesst wurde. Wir sassen auf der terasse und ueberlegten. Sollten wir gleich anrufen, dass das nicht funktioniert? Aber nein, sie hatte eine chance verdient. Was wuerde passieren, wenn sie an die schafe rankommt? Wir schlossen erstmal die tore weiter ausserhalb, sodass die schafe nicht mehr zu nah an den garten konnten, wenigstens fuer die ersten tage. Wir arbeiteten einen plan aus, wann wer auf sie aufpassen kann. Sie musste uebers wochenende in die hauptstadt, weshalb sie den hund eigentlich zu ihrer tochter geben wollte. Aber das hatte sich erledigt, als wir nun wussten, was das fuer ein hund war. Denn ihre tochter hatte nur eine kleine wohnung und einen zweijaehrigen sohn. Also war ich nun erstmal hundesitter. Eigentlich eher babysitter. Dieser 1,5jaehrige hund hatte keinerlei erziehung, hatte nur bloedsinn im kopf, man konnte ihn nie aus den augen lassen, man musste alles vor ihm in sicherheit bringen. Man, war das anstrengend! Und wir begutachteten erstmal sein reisegepaeck. Der hund kam mit einem koffer und einem korb voller spielzeug, der grossen metallbox mit leckerli, zwei grossen saecken futter, einem dicken ordner mit allen papieren und stammbaum usw, drei verschiedenen leinen und einem bett. Wow! Die kroenung unter all dem spielzeug war allerdings ein knochen. Nicht einfach nur ein kleiner knochen, nein, ein ganzes bein, ein schafsbein...sehr clever fuer einen hund, der nun auf einer schaffarm leben sollte. Das war also das erste, was entsorgt wurde. Nochmal zu dem stammbaum: stella ist ein reinrassiger labrador, bildschoen, mit adelstitel. Sie hat sicher weit ueber 1000$ gekostet, aber wir haben ihn umsonst bekommen, da sie ihn einfach nur noch loswerden wollten.
Um jetzt nochmal diese gravierende veraenderung klar zu stellen: mein farmleben hier in australien ist mega entspannt. Alles geht hier gemuetlich, stress ist nur, wenn ich mal wieder zu spaet zur arbeit fahre. Alles laeuft hier mega langsam. Und was heute nicht passiert, kann eben morgen gemacht werden, oder uebermorgen, oder naechste woche, oder gar nicht. Unser alter farmhund hatte das raus. Der hat selbst das baellchen holen langsamen schrittes gemacht. Und wenn er zu mir wollte und drueben losgelaufen ist, hat er fuer die 100meter 10minuten gebraucht, weil er zehnmal stehen geblieben ist und ameisen beobachtet hat. Wir wussten alle hier auf dem grundstueck, wie es laueft...nur keinen stress... Und dann kommt dieser hund! Stress pur! Immer nur am rumrennen und rumspringen, staendig will er beschaeftigt werden, rennt 20mal hintereinander dem ball hinterher, rennt jedem auto hinterher, zerrt alle zwei minuten ein anderes spielzeug an, absolut hyperaktiv, absolut verrueckt!!!
unsere laendliche idylle hier ist nun also ruiniert durch ein quirliges energiebuendel, was den ganzen tag umherrennt, wie ein duracellhase. Aber sie war meine aufgabe, meine herausforderung. Meine vermieterin ist viel am arbeiten und selbst wenn sie nach ihren 12std schichten im krankenhaus heimkommt, hat sie keine nerven mehr fuer diesen hund. Das training begann. Stella ist ein richtiger labrador-charakter: lieb, mega aktiv, sehr lernfaehig und clever. Also war sie eigentlich recht einfach an kommandos zu gewoehnen, allerdings hatte ich keine ahnung, wie ich ihr die hektik austreiben sollte und die sache mit den schafen. Ueber all die jahre, die ich mit tierheimhunden gassi gegangen bin, konnte ich ja ein bisschen was lernen. Allerdings hatte ich keine ahnung, wie ich aus einem stadthund einen farmhund machen sollte.
Ich musste sie also irgendwie auspowern... ich lief jeden tag mit ihr. Eine std, zwei std, drei std,...wir kamen zurueck und sie wollte spielen, sie war einfach nicht kaputt zu griegen. Aber ich war es nach dem vielen laufen. Aber zumindest hab ich nun mal die gegend gesehen. Ueberall waren wir, selbst unser eigenes grundstueck ist so riesig, dass ich bisher die meisten ecken noch nicht kannte. Stella liebt wasser. Ueber alles. Jeder wasserstrahl wird zum spielen genutzt, in jede pfuetze wird sich reingelegt, das mit dem wassernapf haben wir aufgegeben, da sie sich immer reinlegen wollte, bis all das wasser draussen war, unsere fuenf seen werden jeden tag zum schwimmen genutzt, und wenn mal kein wasser in der naehe ist, dann tut es auch schlamm. Und davon haben wir momentan genug. Weshalb ich meistens auch vollkommen dreckig bin, wenn sie sich nach einem schlammbad mal wieder direkt neben mir schuetteln muss.
Und nun war da die schafsache. Jeden tag bin ich mit ihr in die koppeln gegangen. Natuerlich mit leine, die ersten tage. Sie ist jedes mal komplett durchgedreht. Aber es wurde besser. Von tag zu tag. Sie wurde ruhiger. Mit jeder menge leckerli konnte ich sie zumindest soweit bringen, dass sie immer brav zurueck kam, wenn ich rief. Der tag kam, als wir ohne leine rausliefen. Alles war gut, wir gingen noch nicht ganz so weit ran, aber alles funktionierte. Als wir wieder zurueck gingen, kam der uebliche abstecher zum see. Ich dachte, sie rennt zum see, aber ich sah das schaf nicht, was sie entdeckt hatte. Sie war am jagen, ich konnte schreien, wie ich wollte, sie reagierte nicht. Es war eine kurze jagd, das schaf fiel um und blieb liegen. Als ich stella erreichte, schrie ich mir die seele aus dem leib. Auf deutsch, auf englisch, sie verstand mich, sie wusste, dass sie scheisse gebaut hat. Unsere schafe haben im moment nicht viel zum fressen, 7tote schafe in den letzten zwei wochen, ziemlich alle abgemagert und erschoepft, weswegen dieses schaf nicht lang wegrennen konnte. Aber es war noch am leben, es brauchte nur seine 15min bevor es sich wieder aufrappelte und zurueck zur herde lief. Ich lief mit stella zurueck nach hause. Sie wollte nicht spielen, sie war immer noch ganz klein, sie lief brav neben mir her, traute sich keinen mucks mehr, sie hatte gelernt. Ha!
Die schafsache war also auch geklaert, wir konnten von nun an mitten durch die herde laufen, ohne leine, sie jagte keins mehr. Wir mussten auf unseren wegen einige tore auf und zu machen, auch da hatte ich sie soweit, dass sie immer brav wartete. Auch das bloede hochspringen hab ich ihr abgewoehnt. Ok, sie macht es immernoch, aber nicht am menschen, also nur noch die maennchen-machen-artundweise. Wenn wir richtung strasse laufen, laeuft sie brav beifuss. Und sie macht rolle! Das wollte ich schon immer mal einem hund beibringen. Nach ein paar tagen hatten wir alle tore wieder offen, die schafe waren nebenan, ohne gejagt zu werden, die grenzen wurden akzeptiert, nachdem sie noch ein paar elektroschocks von den zaeunen bekommen hat. Allerdings stellte sich langsam die problematik heraus: ich hatte sie unter kontrolle, sie tat, was ich sagte, sie wusste, wofuer sie aerger bekam. Das fuehrte aber dazu, dass sie dachte, dass ich das neue herrchen bin. Die ersten tage hat sie noch bewinselt, dass sie jeden abend wieder im garten eingesperrt wurde. Dann waren die tore offen und sie konnte tag und nacht bei mir verbringen. Und das tut sie auch. Mhhh...war ja jetzt nicht so gedacht. Da wird es wohl recht hart fuer sie, wenn ich bald weg bin. Weswegen wir ja auch gerade noch auf der suche nach einem weiteren hund sind.
Je weniger man sich mit ihr beschaeftigte, desdo mehr bloedsinn stellte sie an. Einen tag hab ich lange gearbeitet, hatte weder fruehs vor der arbeit fuer sie zeit, noch abends, da es dann schon dunkel war. Ich wurde in dieser nacht wach, wegen einem echt komischen geraeusch draussen. Hoerte sich nicht wie ein tier an. Ich wollte wissen, was es war, ging mit taschenlampe raus und da sass sie... stella hatte ihre spielsachen in einer reihe auf meine veranda gelegt und sass dahinter, mit ihrem bloeden quietschepferd im maul und machte diese komischen geraeusche. Als ich sie anleuchtete, liess sie ihr pferd fallen, sah mich an mit diesem erwartungsvollen blick und wedelndem schwanz, um mir zu sagen “komm raus, spielen, ich bin bereit, hab alles da!”... dieser hund hat einen dachschaden! Es war 4.30uhr, ich ging zurueck ins bett und liess sie weiter quietschen.
An einem tag waren wir “nur” eine std unterwegs, sie konnte mich aber schon den ganzen morgen beim arbeiten nerven. Das war ihr aber alles nicht genug. Ich parkte meine dreckigen arbeitsschuhe vor meiner tuer, wollte duschen gehen. Ich war schon nackt, als ich im augenwinkel sah, dass nur noch ein schuh draussen stand. Ahhhh!!! ich warf mir ein handtuch um und rannte raus. Sie wartete vor der terasse, mit meinem schuh im maul und forderte mich zum spielen auf. Mein schreien half nichts, sie fand es lustig. Sie rannte damit unters haus und lies ihn fallen. Ahhh!!! so ein biest! Sie hatte das interesse am schuh verloren, machte nicht die geringsten anstalten, ihn dort wieder vor zu holen. Also musste ich das tun. Unter dem haus ist einen halben meter platz, wo bleche liegen und all die schlangen, echsen und tausende spinnen leben. Klasse! Mit meinem handtuch um, kroch ich also die 3meter da rein und holte meinen schuh wieder, waehrend sie davor sass und mir freudestrahlend zu sah. Ich haette sie erwuergen koennen.
Jaaa, sie hat staendig neuen bloedsinn im kopf. Mit autos hat sie es auch nicht so. Sie rennt mir staendig nach, vielmehr vor. Sie springt vorm auto herum, wo man sie nicht sehen kann. Wenn ich wegfahre muss ich stueck fuer stueck vorwaerts kommen. Wenn ich heimkomme, muss ich schnell genug sein, dass sie mich nicht einholt. Einen tag kam ein handwerker, der durch unser grundstueck musste. Er versuchte erst, sie mit schreien wegzubekommen. Dann hielt er an, stieg aus und erklaerte ihr, dass das gefaehrlich ist. Dann warf er stoeckchen und rannte schnell ins auto, aber stella war schneller. Dann brachte er sie dazu, sich hinzusetzen, aber das klappte nur so lange, bis er losfahren wollte. Er gab sich wirklich muehe. Aber es half nichts. Stueck fuer stueck, bewegte er sich langsam zum tor. Dort lag die ballschleuder, geladen (ich wollte ja den leuten ein bisschen helfen ;) ) aber die 100m die der ball flog, reichten ihm nicht, um sein auto reinzufahren und das tor hinter ihm wieder zu schliessen. Stella rannte mit ihm rein. Er rief sie. Aber es war schon zu spaet. Sie sass auf dem fahrersitz seines autos und wartete auf ihn. Er musste zu ihr laufen und sie rausziehen. Ach, das war ein tolles schauspiel! Und wer sich jetzt wundert, warum ich ihm nicht geholfen habe: wenn stella so aufgeregt ist, hoert sie ueberhaupt nicht, da kann ich schreien, wie ich will. Und er war schon das zweite mal da, er hatte sich den weg durch stellas terretorium also ausgesucht, er haette auch einen anderen weg fahren koennen.
Von nun an haben kriminelle auf unserem grundstueck keine chance mehr. Diebe haben gar keine zeit, etwas zu klauen, sie werden zum spielen gezwungen und abgeschlabbert und angesprungen. Jeder einbrecher wird freudig begruesst.
Ach, ich werde sie vermissen. Auch wenn sie mich einige nerven gekostet hat, sie ist echt ein toller hund.
Ok, im naechsten blog kommt dann hoffentlich der rest, damit ihr wieder auf dem neuesten stand seid. Und dann verrate ich euch auch, wie es weiter geht...