wo soll ich da nur anfangen?! Da hab ich nun viel aufzuarbeiten. 12 wochen bin ich nun schon hier.
Also erstmal zu den ersten tagen. Ich war ja schon im maerz auf der farm um zu gucken, ob das was waere. Das geld war ok, die arbeit hoerte sich auch interessant an, also hoffte ich nur darauf, dass die richtigen leute da waren und ich mein zimmer nicht teilen muesste. Nun kam ich dort also an und schaute mich schon am ersten abend nach neuer arbeit um. Es war eine richtige backpackerfarm und ich musste mein zimmer teilen. Oh mein gott! Meine schlimmsten befuerchtungen hatten sich bestaetigt. Es ging nur ums faul sein und rumhaengen. Je weniger arbeit, desto besser der tag. Was wir heute koennen besorgen, verschieben wir auf morgen. ...mein schlimmster alptraum. Und dann auch noch das zimmer teilen. Ansich kein riesiges problem. Aber wenn man die letzten 6monate in seinem eigenen kleinen haeuschen mitten im nirgendwo gelebt hat, ist das schon schwierig. Und dann passt es auch nicht, wenn sich fruehaufsteher und langschlaefer gegenseitig nerven. Aber ok, zimmer musste ich nur 5tage teilen und dann gab es auch ein bisschen mehr arbeit, nachdem zwei leute gegangen sind. Also hab ich mir gedacht, komm, das schaffst du! Es sind ja nur drei monate. Aber ich hatte noch einige tiefpunkte, wo ich am liebsten abbrechen wollte. Aber hey...was sind schon drei monate?! So kann ich die zeit mal als urlaub sehen, mich ein bisschen entspannen. Aber nein. Der deutsche arbeitseifer steckt einfach zu tief in mir drin. Es hat mich in den wahnsinn getrieben, faul sein zu muessen. Es hat mich in den wahnsinn getrieben, jeden tag zu spaet anfangen zu muessen. Es hat mich in den wahnsinn getrieben, jeden tag 3std pause machen zu muessen. Ich habe mich geschaemt dafuer, dass unser chef so viele leute bezahlt und dann muss er die meiste arbeit doch selber machen.
Ich hatte ja schon farmen, auf denen ich echt was lernen konnte. Aber lernen kann man ja nicht nur, wenn man sieht, wie es gut laeuft. Man lernt ja auch, wie man es nicht machen sollte, wenn etwas schief geht. Und diesen lernprozess habe ich hier die letzten wochen. Wie in so vielen faellen funktioniert es nicht, wenn ein grossstaedter eine farm kauft und einen auf bauer macht.
Erstes beispiel war schon am zweiten tag. Wir sollten vier schafe von einer koppel in die naechste treiben. Und mit koppeln meine ich nicht solche kleinen grasflaechen wie das in deutschland der fall waere, sondern hier sind das riesige areale. Mit 3fahrzeugen und 6leuten starteten wir, die schafe zu jagen. Ich hatte den gelaendewagen, da war nicht viel mit rein und raus springen und da haetten meine kaputten knie auch gar nicht mitgemacht. Also durften die jungen leute rennen. Wir haben die armen schafe fast zwei std umhergejagt. Sie waren fix und fertig, haben gehechelt, sind fast zusammengebrochen. Wenn ich eins in all den farmjobs gelernt habe: schafe sind dumm. Schafe sind wirklich, wirklich dumm. Das macht die arbeit mit ihnen nicht unbedingt einfach. Weshalb ich in kanada unglaublich dankbar war, dass ich einen hund hatte, der mit meinen kommandos ganz einfach und schnell die schafe von a nach b getrieben hat. Hier hatten wir aber nun keinen brauchbaren hund dafuer. Zwei schafe haben wir dann mal irgendwie raus bekommen. Die anderen zwei haben sich aufgeteilt. Ich bin mit vollgas ueber die weide gerast und muehsam durch den busch, um das grosse fette schaf zurueck zu treiben, bis mein chef kam, um mir zu sagen, dass er das sowieso erschiessen will. Naja. Also bin ich mit ihm durch den busch, um das andere zu finden. Er hatte schon frueh die geduld verloren. Er hat geflucht und die schafe angeschrien, hat mit steinen nach ihnen geworfen, ist total ausgerastet. Er hat einfach nicht die geduld, um mit tieren zu arbeiten. Ich habe eigentlich nur darauf gewartet, dass die schafe nach 2std einfach tot umfallen durch all den stress. Irgendwann hat er dann auch verstanden, dass es so nicht funktioniert und wir haben das schaf gaaaanz langsam zu fuss nach oben getrieben und es dann auch tatsaechlich geschafft. Das grosse dicke schaf huepft immernoch mit den schweinen herum, er hat es also auch nach 12wochen noch nicht erschossen.
Am naechsten tag gab es wieder eine jagd. die rinder waren ausgebrochen. Naja, ausgebrochen wuerde ich das eigentlich nicht nennen, da der zaun seit einigen monaten kaputt ist und unser chef bisher zu faul war, ihn zu reparieren. Also sind wir wieder mit 3fahrzeugen und 6leuten gestartet, um die rinder zu jagen. Die haben sich allerdings in unserem wald versteckt, was die sache relativ schwierig machte. Aber zumindest blieben sie zusammen und nach gut 40min hatten wir sie zurueck auf der weide.
Dann die schweine...die sind immer am lustigsten. Sie sind leicht zusammen zu treiben, da man sie einfach ueber mehrere tage am selben platz fuettert, also kommen sie auch dorthin, wenn man sie einfangen will. Wir hatten einige schweinejagten. Bei einer mussten wir 13kleine und 2grosse in den haenger bekommen. Wir hatten in unserem ca 10m2 grossen gehege ca 15 grosse und 20 kleine schweine. Ich bekam ein rotes brett in die hand und damit musste ich meinem chef helfen, auszusortieren. Es war eine reine schlammschlacht und dauerte sicher eine gute std, bis wir 12kleine und ein grosses eingeladen hatten. Man wurde staendig von diesen dicken 300kg-saeuen hin und her geschubst. Aber...auch wenn ich erstmal ein bisschen skeptisch war: kein schwein hat mir was getan. Und ich bin nicht im schlamm ausgerutscht. Dann ging es rueber in das andere gehege, wo wir noch eine grosse sau fangen wollten. Dort hatten wir die richtige einrichtung, dicke metallzaeune mit verschiedenen tueren, um sie einzuladen. Allerdings wollte die sau nicht, wie unser chef wollte. Und da kam nun wieder zum vorschein, dass unser chef keine geduld hat, mit tieren zu arbeiten. Mit dem elektroschocker wollte er sie reintreiben, aber ausser jede menge gequietsche und einer stinkwuetenden sau, kam nicht viel dabei raus. Geflucht hat er wie am spiess, er konnte froh sein, dass die metallstangen so standhaft waren. Mein job war getan, ich hatte die letzte tuer hinter der sau geschlossen, es fehlten nur noch 2meter bis zum anhaenger. Immer wieder hat er sie getasert, bis sie irgendwann so wuetend war, dass sie senkrecht zwischen den stangen stand. Wo nun wiederum bemerkt wurde, dass dort eine kleine tuer war, die nicht verriegelt war. Nun hatten wir diese stinkwuetende sau halb raushaengend gefaehrlich nah an unserer finnin, die vergeblich versuchte, die tuer zu schliessen und unseren chef oben drueber mit seinem elektroschocker im einsatz, um sie zurueckzutreiben. Wow! Ich war sprachlos! Wenn man einen grund sucht, vegetarier zu werden, muss man nur ein bisschen zeit mit diesem mann verbringen. Keine ahnung von tieren! Und das dieses fleisch nicht mehr gut war durch all den stress, haette ihm eigentlich klar sein muessen. Er bekam die sau irgendwie wieder runter und sogar ein stueck weiter auf die rampe, hatte sich aber dabei ordentlich den arm gequetscht. Nun kam noch ein interessanter teil. Ich und die andere deutsche mussten die tuer vom anhaenger aufmachen genau in dem moment, wenn das schwein kommt, sodass die anderen nicht wieder rauskamen. Sie auf der einen, ich auf der anderen seite. Die sau kam schreiend angerannt und ist geradewegs auf mich zugekommen, um genau vor dem anhaenger ueber die absperrung zu springen. Ich hoerte meinen chef nur noch schreien “renn!” und ich sprang weg und auf den gegenueberliegenden zaun. Ein 300kg-schwein haette ich nun nicht mehr aufhalten koennen. Und das wars. Das schwein war weg. Ein neues schwein musste her. Wir fingen an, futter auf den weg zur rampe zu legen. Unser chef sagte uns noch, wir brauchen das nicht, nuetzt sowieso nichts. Das neue schwein frass sich seinen weg auf die rampe, ein kleiner schubs, tuer auf, tuer zu, schwein war drin. Tada! Ohne worte. Ein bauer seit 10jahren, der von ein paar maedels, die nur halb so alt sind, lernen, wie man schweine faengt. Unsere naechsten jagten gingen also friedlicher zu. Er hatte es nun raus mit dem futter und lockte die schweine so in den anhaenger. So eine leichte jagt hatten wir gerade gestern wieder. Alles lief gut, das schwein stand schon im anhaenger auf dem hof, bereit zur abfahrt. Er macht die tuer auf, um der sau den stempel aufzudruecken und schwubs...war sie draussen. Nun hatten wir ein schwein vorm haus herumlaufen, was wir die paar kilometer wieder zurueck auf die weide treiben mussten.
Mein vierter tag war da, ich sollte ein “spaceship” von einer weide zur naechsten fahren. Bitte was?! Ein raumschiff?! Es handelte sich um einen riesigen self feeder. Dafuer finde ich irgendwie keine deutsche uebersetzung. Selbstfutternapf? Futterautomat? Jedenfalls ein riesiges raumschiff-aehnliches ding mit ca 3m durchmesser auf schienen, in das man schweinefutter fuellen kann. Das sollte ich nun mit dem auto umherziehen. Die anderen maedels trauten sich nicht, den gelaendewagen zu fahren, deswegen verdonnerten sie mich dazu, “da ich ja die erfahrung hab”. Ja, ist klar, ich ziehe jeden tag raumschiffe durch die gegend. Man hatte mir noch gesagt, es sei egal an welcher seite. Also machten wir die kette fest und ich fuhr los. Ca 2km in schritttempo lotste man mich uebers gelaende. Ich kannte mich noch nicht aus, also wusste ich nicht, dass wir gerade einen weg gewaehlt hatten, der schmaler als das raumschiff war. Wir hatten drei stellen, wo wir millimeter fuer millimeter manoevrieren mussten. Die baeume waren zum glueck standhaft und der zaun gab genug nach, um irgendwie durchzukommen. Das auto hatte ganzschoen zu tun, dass blechmonster hinten dran wog einiges. Als wir am ziel ankamen und ich die kette abmachte, sah ich auf der anderen seite, dass die schienen hoch gehen. Das heisst, ich habe es die ganze zeit in die falsche richtung gezogen. Man stelle sich vor, man zieht einen schlitten am falschen ende. Mhhh... resultat war, dass wir den weg ordentlich demoliert haben. Aber naja, hat sich alles wieder weggewaschen.
Aber nun erstmal ein paar fakten ueber die farm: 450acres, also ca 2quadratkilometer flaeche, davon ca 600quadratmeter immernoch busch. 3000 olivenbaeume. 3 riesige gemuesegaerten. Ca 3500 huehner in freilandhaltung, beschuetzt von 11 italienischen maremma-hunden. Ca 60-80schweine, staendig aendernd durch verkauf und neue ferkel. Ca 20schwangere schafe, die doch nicht schwanger sind (passiert, wenn ein staedter einkaufen geht). Ca 12kuehe, dessen funktion ich bisher noch nicht herausgefunden habe. Ein kleiner, alter staffort terrier, der das haus regiert. Ok, eigentlich hat die katze die herrschaft ueber haus und hof.
Das geld kommt rein mit den schweinen, dem gemuese, was wir auf den wochenendmaerkten verkaufen, und den eiern, die wir an verschiedene kunden liefern. Da liegt allerdings das problem. Wenn huehner ueber monate lang durch die faulheit mancher backpacker kein sauberes wasser haben und der chef zu faul ist, lichter im winter zu installieren und dann auch noch vergisst, das futter rechtzeitig zu bestellen, dann geht die eierproduktion eben mal runter auf ca 100 eier am tag (von 3500 huehnern!), da die huehner dauerkrank und hungernd sind.
Die schlimme zeit ist ueberstanden, es ist wieder futter da, das wasser ist sauber, es gibt jede menge vitamine fuer das federvieh, das niesen wird weniger in den haeusern, die tage werden wieder laenger. Die eierproduktion hat die 600 taeglich ueberschritten, in der hoffnung bei ca 1500-2000 im august anzukommen.
Nun mal so zu den aufgaben: huehner fuettern und wasser checken, schweine fuettern, eier waschen, eier ausnehmen, eier verpacken, gemuese ernten jeden freitag, unkraut jaehten, was kaum gemacht wurde, hunde fuettern, huehnerkacke von den haeusern kratzen und das war es grundsaetzlich schon. Wenn zumindest das bisschen erledigt war, konnte unser chef gluecklich sein bei all dem geld, was er dafuer zahlte. Ich hatte staendig streitereien mit der anderen deutschen, weil ich arbeiten wollte, die anderen aber nicht. Als ich dann das kommando uebernehmen konnte, als sie ging, war ich zwar gluecklich nun all die extraaufgaben uebernehmen zu koennen, wie das ganze bewaesserungssystem und eben all die nicht erledigten dinge aufarbeiten. Aber wenn man die einzige ist, die arbeiten und den anderen staendig beim pause machen zusehen muss, macht die sache irgendwann auch keinen spass mehr. Sodass ich mich auch mit der finnin in die haare gegriegt habe. Aber nur einmal so richtig, was dazu fuehrte, dass sie das erste mal in 2,5monaten puenktlich anfing zu arbeiten und die pausen einhielt oder manchmal sogar verkuerzte. Geht doch! Was soll nur aus der welt werden, wenn diese juengere generation so stinkend faul ist?!
Als ich am anfang erfuhr, wie wenig arbeiten wir eigentlich zu erfuellen hatten, hatte ich gehofft, auch mal frueher fertig zu sein, was natuerlich nie geschah, weil alle pausen so lang gezogen wurden, dass wir nie vor fuenf, halb sechs fertig waren. Dann war es schon dunkel und ich konnte nie irgendwas an meinem auto erledigen, weder reparieren, noch umbauen, noch beladen, noch irgendwas. Was wiederum dazu fuehrte, dass ich fruehzeitig gekuendigt habe. Nachdem die damen mal wieder so lange rumgemaehrt haben, dass ich auch meinen mechanikertermin an einem freien nachmittag verpasst habe. Nun hatte ich mich aber mit meinem chef geeinigt, dass ich die woche noch bleibe und fuer kost und logis arbeite, also nur morgens. Sodass ich den nachmittag habe, um alles startklar zu machen. Ach, diese drei monate vergingen zu schnell. Naja, vielleicht nicht. Mag zwar die farm und werd die tiere vermissen, aber ich bin froh, wenn ich in meinem naechsten job wieder richtig arbeiten kann.
Die streitereien waehrend der arbeit, brachten natuerlich auch nach feierabend so manche schweigsame abende. Etwas schwierig, wenn man sich nach feierabend nicht gross aus dem weg gehen konnte. Ansich kamen wir ja miteinander klar, und sprachen auch offen ueber alles, aber wir hatten eben voellig verschiedene arbeitseinstellungen, vielleicht auch wegen 9jahren altersunterschied. Wir hatten bisher das glueck, dass wir (ausser der ersten woche) noch nicht wieder unsere zimmer teilen mussten.
Nun mal zum leben auf der farm: mein handy funktionierte hier nicht, ich hatte keinen empfang, wenn ich telefonieren musste, dann mit dem arbeitshandy. Und das internet war meist schlecht bis gar nicht zu gebrauchen. Hauptsaechlich, da andere den ganzen tag ihr facebook durchsuchten, videos hochluden oder stundenlang telefonierten. Manchmal laestig, wenn man was wichtiges machen musste, aber grundsaetzlich hatte ich kein allzu grosses problem damit. Ich war eh jedes wochenende unterwegs, also fand ich zumindest ein paar moeglichkeiten, mal nach hause zu telefonieren.
Ich hatte mir von einer backpackerfarm mehr sozialleben versprochen. Zusammen sitzen und ueber gott und die welt quatschen, grillabende, lagerfeuer, spieleabende, billiardspielen, in die kneipe gehen, usw. Was allerdings kam, waren leute, die den ganzen tag an ihren smartphones sassen oder ferngesehen haben. Mhhhh... genau die zwei dinge, die ich aus meinem leben verbannt habe. Ich glaube, wir waren drei oder vier mal im pub und einmal nach langer diskussion auf einem farmtag ein paar orte weiter. Ausser fuer lieferungen wurde die farm nicht grossartig verlassen. Da bin ich doch froh, dass ich das reisen etwas spaeter begonnen habe, als ich schon mehr an land und leuten interessiert war und erlebnisse und erinnerungen schaffen wollte.
Ich bin also jedes wochenende irgendwo unterwegs gewesen. Dazu wird es dann einen extra blog geben. Und ab und an hab ich mich auch unter der woche mal unter die einheimischen gemischt fuer abendessen und/oder bier. Ich hatte auch mal besuch bekommen vom schweriner, dem ich vor einigen monaten ein paar meiner campingsachen verkauft habe. Er hatte seine beste freundin vom flughafen abgeholt und war mit ihr auf dem weg nach sydney. Sie haben eine nacht bei uns auf der farm verbracht, bevor sie weiter gefahren sind. Die anderen hatten sich frueh verkruemelt, wir haben ihnen zu viel geredet. Ha!
Ok, das ist schon ein bisschen lesestoff, ich hoer mal auf und mache einen extrablog ueber die hunde und einen ueber die ausfluege.