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Das Leben auf einer Station

ich war also nach 6tagen fahrt endlich angekommen. Ich wurde von meiner neuen chefin und ihrer mutter begruesst. Lernte bald danach auch die zwei suessen kinder kennen, und hayley, das kindermaedchen. Alle anderen waren schon seit halb sechs unterwegs, um rinder einzutreiben. Die sollte ich also spaeter kennen lernen.

Hier erstmal ein paar fakten. Ich war also auf einer cattlestation... woertliche uebersetzung waere rinderzuchtstation. Also auf deutsch ein riesiger bauerhof. Ausmasse, die man sich als deutscher gar nicht vorstellen kann. Ueber 1Millionen acres (umgerechnet um die 100km2) um die 120km lang und 80km breit, aber so genau wissen sie das eigentlich auch nicht. Die familie kaufte die station vor 2jahren, eigentlich hatten sie eine farm in suedaustralien. Um die 7.000 rinder leben dort, koennen 363tage im jahr frei herumlaufen. Es gibt reichlich wasserloecher und fluesse, die auch in trockenen sommern die tiere versorgen. Es gibt zwei haupthaueser, in einem wohnen meine chefs, im anderen ihre eltern. Die haupthaeuser sind 35km voneinander entfernt und haben beide noch die alten sheerers-quarters, also die zimmer, in denen die arbeiter seperat untergebracht sind. Die naechsten nachbarn sind ueber 70km entfernt. Die naechste kneipe ist 190km entfernt, die naechste stadt 400km. Wie ihr seht...sowas kann man sich in europa nicht vorstellen. Gigantisch! Neben den rindern gibt es noch 8verwilderte pferde, die irgendwo herumlaufen. Und jedes haus hat einen wachhund umherspringen. Und eben jede menge kaengurus, emus und sonstige wildtiere. Da man nicht jede woche einkaufen fahren kann, wird hier online im supermarkt bestellt, die packen pakete und senden es mit dem post-lkw raus. Der faehrt jede woche 4tage non-stop umher, um die stations zu beliefern. Man muss sich also ganz genau ueberlegen, was man braucht und muss mit dem auskommen, was man hat, wenn man doch mal was vergessen hat.

Die kinder sind 3jahre bzw 18monate. Beides richtige landeier, die so richtig kind sein duerfen. Den ganzen tag draussen, im dreck spielen, den hund umherzerren, insekten fangen,... sehr einfache kids, hat spass gemacht mit ihnen. Und der kleine hat mir immerhin geholfen meine angst vor insekten ein bisschen zu ueberwinden. Beim raupen und grashuepfer fangen, musste ich sie immer in der hand behalten, waehrend er mehr sucht. Uh! Ich konnte ja nun schlecht vor einem drei jaehrigen umherschreien.

Am abend lernte ich auch die anderen kennen. Der mann meiner chefin, ihren vater, hayleys freund, hubschrauberpilotin jess und die 5cowboys (ok ein cowgirl war auch dabei). Ausserdem noch ein aelteres australisches ehepaar, die eigentlich angeheuert wurden, um das haus zu bewachen, aber dann doch mehr damit beschaeftigt waren, rinder zu jagen. Und im anderen haus gab es noch ein weiteres rentnerehepaar, die dort aufpassten. Wir waren also bis auf die eltern und die zwei rentnerpaerchen alle unter oder um die 30. ein junges team.

Der ablauf war fuer gewoehnlich so: einen tag wurden rinder getrieben, wobei die jungs schon um halb sechs starteten. Wir frauen bereiteten fruehstueck, sandwiches, mittag, kaffeepause und abendessen vor. Natuerlich ein groesserer aufwand bei 16-18leuten, aber trotzdem nicht genug arbeit fuer 4frauen. Nebenbei mussten die kinder beschaeftigt und der haushalt geschmissen werden. Und das auch geteilt durch vier frauen, ergab jeeeeeede menge zeit zum nichts tun. Und ich hasse nichts tun! Insbesondere, wenn ich dafuer bezahlt werde. Wenn die jungs draussen waren, schickten wir das essen mit dem hubschrauber raus und wir waren den ganzen tag unter uns. Genug gelegenheit, um ueber die neuesten rezepte, kinder, mode, beruehmtheiten, facebook zu reden....urrrrrg... genau mein ding... nicht! Am nachmittag kam dann immer die rettung, wenn die jungs uns anfunkten, dass wir helfen sollten. Dann durften wir mit dem gelaendewagen losfahren und die rinter suchen. Das war meist auf den letzten 2km, nur um mehr fahrzeuge zu haben, wenn die rinder ins gehege getrieben wurden. Ueber stock und stein, entweder auf der ladeflaeche des pickups oder im nissan mit den kids auf dem schoss. Die kameras waren immer mit dabei und die extraladung wasser fuer die ausgetrockneten, staubigen cowboys. Abendessen dann immer alle zusammen. Es wurde immer nur ueber bullen und kuehe geredet und wer von wem gejagt wurde, wer welche kriegsverletzungen mitbrachte und wo es am naechsten tag hin geht. Wenn man nicht dabei war, konnte man da auch nicht wirklich mitreden. Ab und an bin ich noch mit rueber zu den cowboys fuer ein bier oder zwei. Aber da alle 12std tage hatten, fuer 4wochen am stueck, waren es meist keine langen abende. Ich glaube, das spaeteste war mal halb zwoelf. Und um zurueck zum ablauf zu kommen...jeden zweiten tag wurden dann die rinder sortiert, gebranntmarkt, wenn noetig kastriert, hoerner gestutzt, auf lkws geladen. An den tagen, kamen die jungs fuer jede mahlzeit nach hause, sodass fuer uns mehr zu tun war.

Wenn wir ganz viel langeweile hatten, machten wir ausfluege. Ein grosses gelaende zum erkunden, meine chefin sagt, sie kennt vielleicht 10% ihres eigenen grundstuecks. Wir sahen uns aboriginal felsmalereien an, wandererten in einem trockenen flussbett umher, spazierten oefters runter zum fluss, wo kinder und hund in den wasserloechern spielen konnten und wir all die tollen steinchen durchsuchten.

Eine woche war um, es waren bereits ueber 1000rinder eingetrieben, aussortiert und wieder in die freiheit entlassen worden. Wir mussten umziehen. In das andere haus. Eine tagesaufgabe fuer uns, kisten packen, betten abziehen, saemtliche lebensmittel 35km weiter transportieren. Es war ein tag mit einem kleinen muster, nur ein paar kuehe in der naeheren umgebung mussten gefunden werden, sodass auch alle anderen die zeit hatten, ihre sachen ins andere haus zu bringen. Waehrend wir alle irgendetwas zu tun hatten, bruellte auf einmal jemand “snake!”. Die maenner rannten los mit schaufeln, also dachte ich, ich muss auch mal gucken. Es war eine hochgiftige brownsnake mit zwei babies. Sie waren schon im leeren swimmingpool, also ein leichtes spiel. Alle standen um den pool herum, waehrend drei maenner die schlangen in stuecke hackten. Iiiiiiiuuuuu!!! der dreijaehrige fing an zu weinen, weil er das nicht sehen wollte, aber sein vater befahl ihm, hinzusehen, er muesse ja frueher oder spaeter eh lernen, schlangen zu toeten. ???? wohl nun ein 3jaehriger mit schlangentrauma. Naja, das beunruhigende war allerdings, dass nur 2babies dort waren. Normalerweise haben sie 9-11. also wo war der rest?! Wir waren alle recht vorsichtig dort in den naechsten tagen.

In der neuen unterkunft hatten wir nun das andere rentnerpaerchen, wo auch er im haushalt geholfen hat. Das hiess, wir waren 6leute, um zu kochen. Puh!!! jeder stand sich nur gegenseitig im weg, es gab immer wieder durcheinander und verwirrung, es waren einfach viiiiiel zu viele leute. Um das zu erklaeren: meine chefin hatte nicht damit gerechnet. Letztes jahr hat sie alles allein mit ihrer mutter machen muessen. Da war das alles natuerlich zu viel. Also hatten sie fuer dieses jahr andere plaene. Ich vereinbarte den job schon ein halbes jahr vorher. Da waere ich die einzige gewesen. Aber dann hatten sie in der zwischenzeit noch ein kindermaedchen eingestellt, also hatte sich diese aufgabe fuer mich erledigt. Und dann die zwei rentnerpaare, die sie nicht bezahlten. Ihre aufgabe war eigentlich nur, auf die haeuser aufzupassen, waehrend wir woanders waren. Aber sie wollten mit allem helfen. Also hatten sie einfach viel zu viele leute. Und es machte mich wahnsinnig!

Ich hatte einen tag frei, den ich nutzte, um die 80km hoch zum mount augustus zu fahren. Ich machte all die kleinen wanderungen drumherum. Wasserloecher, schluchten, felsmalereien, hoehlen, … wunderschoen. Und ich kam mal raus. Den gipfel bestieg ich nicht, es war schon zu heiss, ich war zu spaet gestartet. Und eigentlich wollte hayley mit mir auf den gipfel deswegen wollte ich damit noch warten. Aber es sollte nie dazu kommen.

Mein chef wollte mich einen tag zum kuehe zaehlen haben. Aber die mutter meiner chefin, hielt es zu gefaehrlich fuer eine frau und trieb ihm die idee wieder aus. Dann wollte er mich bei einem viehtrieb dabei haben, ich sollte einen alten buggy fahren, der keine bremsen hat. Aber auch das hielt sie zu gefaehrlich und trieb ihm die idee wieder aus. Ich hatte die nase voll! Genau das war es, weswegen ich diesen job angenommen hatte! Aber es war strickt getrennt, die maenner gingen rinder jagen, die frauen standen in der kueche. Mein alptraum! Das stationleben war mir zu zurueckgeblieben. Ich wollte keine hausfrau sein. Ich kuendigte nach 2wochen. Aber im guten. Meine chefin verstand voll und ganz, was mich belastete und es tat ihr auch leid, aber sie hatte eben nicht damit gerechnet, dass es am ende doch so viele leute werden und wollte mir auch nicht absagen.

Die cowboys wussten bescheid, sie mussten sich mein klagen oefters anhoeren. Und ich denke, sie waren es, die meinem chef etwas sagten. Also kam er zu mir und sagte, ich soll am mittwoch mit raus kommen und wir erzaehlen seiner schwiegermutter nichts davon. Danke. Der mittwoch kam also, es war halb sechs, als wir losstarteten. Man hatte die motorraeder und quads schon am vortag rausgefahren, um zeit zu sparen. Es war das groesste muster und 60km entfernt. Wir hatten den nissan und zwei buggies zum rausfahren. Die buggies sind uralte, kaputte autos, die ausgestattet sind mit jeder menge metallstangen, die vor boesen bullen schuetzen sollen. Ich fuhr mit hayley im buggy raus. Es gab keine fenster, sodass wir schon in den ersten minuten komplett staubbedeckt waren. Als wir die motorraeder erreichten, konnte ich den nissan nehmen. Darueber war ich ganz froh, ich hatte schutz vor der erbarmungslos heissen sonne, hatte eine windschutzscheibe, sodass der staub nur von den seiten reinkam, und ich hatte sogar musik, ab und zu. Natuerlich waren die wildesten jagten den jungs vorbehalten, da sie mit ihren motorraedern nun doch eher in alle buesche fahren konnten. Aber so wild ging es gar nicht zu. Ein paar kuehe hier und da, die versuchten weg zu kommen. Zwei bullen die kaempften, bei denen ich dazwischen fahren musste, um sie weiter zu treiben. Nur die kaelber waren das hauptproblem. Es war eine laaaaaaange strecke. Ein laaaaaanger tag. Fuer mensch und tier. Ich hatte vor lauter staub und hitze schon nach 3std meine ersten 2liter wasser weg. Der hubschrauber brachte uns mehr und mehr kuehe. Hunderte. Eine kurze pause gab es an einem wasserloch fuer sandwiches. Aber ansonsten ging es durch. Hayleys buggy ging gegen zwei kaputt, ich musste sie abholen. Dankbar uebergab ich das steuer. Mein knie war am ende. Wir waren den ganzen tag im schritttempo unterwegs. Langsamer sogar. Und mit dem gelaendewagen musste ich die ganze zeit kupplung treten, damit er mir nicht absaeuft. Und wir hatten die kaelber am ende. Manche erst eins, zwei tage alt, sie waren am ende. Wir haetten sie so gerne einfach in den kofferraum gepackt, aber da haetten wir wohl aerger bekommen mit den mamas. Es zog sich soooo lang. Wir konnten irgendwann schon das haus sehen, aber die letzten 5km zogen sich noch am laengsten. Es war ein gigantisches bild, mit all den rindern vor uns. Wahnsinn! Wir hatten letztlich um die 1300 zusammen bekommen. Gegen vier hatten wir alle im gehege und konnten uns den dicken roten staub aus den gesichtern waschen. Es war ein erlebnis. Definitiv. Aber den job eines cowboys habe ich mir spannender vorgestellt. Tagelang hinter rindern her schleichen, dann rinder sortieren und jedes mal sein leben riskieren, staendig mit gebrochenen knochen und bluterguessen leben....neeeeee!!!

aus geplanten 4wochen sind nun also 2geworden. Es war ein erlebnis, aber nichts, was ich nochmal haben muesste. Insbesondere, da ich zuviel mitleid mit den armen tieren hatte. Hier nochmal eine erinnerung: billigfleisch leidet! Immer! Ich werde wahrscheinlich nie vegetarier werden, aber seit dem ich die station verlassen habe, habe ich noch kein rindfleisch wieder gegessen. Huhn in freilandhaltung. Und fisch. Ok, vielleicht ab und an mal ein sandwich mit schinken. Aber wenn man neben einem vollbeladenen lkw steht und die unbeschreibliche angst in den augen der kuehe sieht, realisiert man schnell, dass sich auf diesen stations keiner um die tiere schaert. Es geht nur ums geld! Und wir reden hier von 998$ pro bulle! Also millionen fuer eine station in der groesse!

 

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