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Willkommen in New South Wales

ich hatte suedaustralien hinter mir gelassen, angekommen in dem staat, in dem ich die naechsten monate verbringen werde. Auch hier waren wieder deutliche unterschiede zu spueren. Australien ist nicht gleich australien. Waere ja, als ob man bayern mit hamburg vergleichen wurde. Oder die salzburger mit den wienern. Mit new south wales hatte ich bisher noch keine bekanntschaft gemacht. Aber wie ich in den naechsten monaten feststellen musste, werde ich land und leute wohl nie so wirklich lieb gewinnen. Es ist der am dichtesten bevoelkerte staat australiens. Mehr als ein drittel der australier leben hier in diesem (verhaeltnismaessig) kleinen staat. Kein wunder also, dass ich die naechsten wochen mit einem enormen kulturschock zu kaempfen hatte. Um das nochmal zu verdeutlichen: in westaustralien leben 1,02personen pro quadratkilometer, in new south wales sind es 9,54personen, und in deutschland 226,1. haha! Was fuer ein vergleich!

Jedenfalls war die grenze gezogen, die leute gruessten nicht mehr, nirgends, selbst in kleinen doerfchen nicht. Im funk war es still, die truckfahrer redeten nicht mehr miteinander. Alles war so unpersoenlich, keiner interessierte sich mehr fuer den anderen. Je naeher ich meinem ziel kam, desto tropischer wurde das klima. Toiletten gab es nun noch seltener, meist musste man an rasthaeusern und hotels anhalten. 90% der leute rasten wie bekloppt. Da es enorm viel verkehr hier gab, gab es kaum eine minute, wo man nicht ein anderes auto hinter sich hatte, was einem auf einen meter dicht auffuhr. Selbst wenn man schon 10km/h schneller fuhr, als erlaubt. Es hat mich binnen kuerzester zeit in den wahnsinn getrieben. Und das sollte sich auch bis zum heutigen tag nicht aendern. Ich habe noch nie so viele unfaelle gesehen, wie in dieser gegend. Definitiv die schlechtesten autofahrer der welt. Und das bei den strassen. Ausser tasmanien bin ich nun schon in jedem staat und terretorium gefahren. Und new south wales hat definitiv die schlechtesten strassen des landes. Ich weiss nicht, was hier verkehrt laeuft. Hier gibt es etliche mautstrassen, es gibt so etwas wie den tuev, es gibt hoehere fahrzeugsteuern und die spritpreise sind hoeher, aber trotzdem wird nichts in die strassen investiert. Man kann nicht mal sagen, die strassen haben loecher. Es ist eher so, dass die loecher noch ein bisschen strasse uebrig haben. Wahnsinn! Und dann trotzdem so viele raser. Aber es war ja nicht alles negativ. Es gibt hier keinen wind. Ja! Oder kaum. Das war ja immer so ein negativfaktor fuer westaustralien. Da war immer wind. 365Tage im jahr. Ok, vielleicht nur 360tage. Aber hier ist recht selten mal richtig wind.

Ich suchte mir meinen weg durchs laendliche new south wales. Broken hill ist die erste groessere stadt nach der grenze. Eine minenstadt, halb verlassen, halb verfallen. Erinnerte mich sehr an kalgoorlie in westaustralien. Ich fuhr verschiedene aussichtpunkte ab, sah mir eine silbermine an, hatte einen milchshake in einem beruehmten cafe aus den 20ern, schlenderte durch die altstadt mit all ihren historischen gebaeuden. Ich war begeistert! Der baustil ist vollkommen anders hier. Alles ist viel aelter, mehr geschichte, mehr zu sehen, wunderschoene gebaeude.

Ich verbrachte eine nacht in einem nationalpark mit wunderschoenen bergen und tollen wanderungen. Dort kaufte ich mir auch gleich meinen national park pass, den ich auch schon fuer westaustralien habe. 45$ fuer ein jahr freien eintritt in alle laendlichen national parks. Meiner meinung nach gut angelegtes geld. Dann machte ich noch zwischenstopp in tamworth, der countryhauptstadt australiens. Enttaeuschend, da unter der woche dort gar nichts los war. Aber ich hatte ein zimmer, konnte duschen, konnte waschen, konnte mich wieder zivilisieren. Am naechsten tag wollte ich dann durchfahren bis nach bellingen, hatte meinem chef schon geschrieben, dass ich nachmittags zum vorstellungsgespraech komme. Jedenfalls kam ich nicht so wirklich an mein ziel. Ueber 4000km lagen hinter mir. Ca 160km vorher sah ich schon ein schild mit dem inhalt “dorrigo mountain closed” ich wusste, dass ich durch einen ort namens dorrigo musste, aber ich wollte ja auf keinen berg. Also ignorierte ich das schild. 2Std spaeter war ich dann in dorrigo, dem nachbarort von meinem ziel. Und immer noch ignorierte ich das schild. War ja keine rede von einer strasse. Ich fuhr aus dem ort raus, noch ca 3km bergab und da stand ich nun vor einer strassensperre. Das war also dorrigo mountain. Ich holte meine viel zu ungenaue strassenkarte heraus und fand keinen weg drum herum. Als ich da so planlos stand fuer 10minuten, kam ein motorradfahrer angefahren. Ein vater mit tochter, aus westaustralien, leben aber seit einigen jahren hier. Sie erklaerten mir, dass ein buschfeuer gerade in diesem unesco weltkulturerbe wuetete. Die strassensperre koennte also noch tage oder wochen dauern. Und einen anderen weg gab es nicht wirklich. Ich haette schon 160km vorher abbiegen muessen. Er beschrieb mir den weg durch den wald. Ich haette nur noch 35km uebrig. Nun musste ich einen 320km langen umweg nehmen. Das ist australien! Mein chef lachte sich kaputt ueber meine situation. Ich sagte ihm bescheid, dass ich nicht an diesem tag ankommen werde. Also eine weitere nacht camping, irgendwo im regenwald bei einem atemberaubenden gewitter am abend. Bergstrassen mit unendlich vielen kehren brachten mich durch berg und tal irgendwann am naechsten tag dann doch mal ans ziel. Der dorrigo berg sollte noch knapp eine woche geschlossen bleiben. Ich haette also lange warten muessen. Der regen begann auf dem letzten stueck und sollte mich die naechsten monate auch noch oft begleiten. Etwas, an das ich mich immer noch nicht wirklich gewoehnt habe.

Ich hatte also meinen neuen job, sah mir die baeckerei an, sagte hallo zu meinen neuen arbeitskollegen und handelte den arbeitsvertrag aus. Eine wohnung hatte ich noch nicht so recht. Und die suche sollte sich auch recht schwierig gestalten. Bellingen ist ein hippydorf. Ja, blumenkinder ueberall, kanabis in huelle und fuelle, ein dorf voller kiffer, oder ein dorf voller liebe und frieden, wie sie es bezeichnen wuerden. Oeko, alternativ, gruen, und eben die drogen. Es gibt noch einige wenige dieser orte in australien. Der staat weiss sicher davon, aber wenn selbst der buergermeister und die polizisten grass rauchen, wird es wohl keinen weiter interessieren. Die meisten einheimischen bauen selber an, der handel hier blueht. Von ueberall aus australien kommen sie her, um urlaub zu machen und es richtig krachen zu lassen. Ich habe schon oefters gehoert “whatever happens in bellingen, stays in bellingen”. Ein kleines las vegas also. Bellingen ist angesagt. Dementsprechend sind die mietpreise vergleichbar mit sydney und wohnungen entsprechend schwer zu bekommen. So hatte ich mir das nun nicht vorgestellt. Ich hatte gehofft, wieder eine moeglichkeit zu finden, um fuer ein zimmer oder eine wohnung arbeiten zu koennen, anstatt teure miete zu zahlen. Zwei tage vor ankunft hatte ich jemanden gefunden, der einen gartenhelfer sucht. Ich kontaktierte ihn und hatte erstmal eine bleibe sicher. Ein hippy mitte 60, der mit seinen drei hunden auf einem grundstueck 3km ausserhalb vom ort lebte. Auf den ersten eindruck ganz nett. Aber eben hippy durch und durch. Laute indische musik den ganzen tag, raeucherstaebchen ueberall, den garten voller hanfpflanzen und hundekacke, staendig parties, gartenarbeit machte er nackig, buecherregal voll mit kamasutra und alternativen lebensstilen, das haus voller kakerlaken, spinnen und ratten, da er kein gift spruehen wollte, gepinkelt wird im busch, um wasser zu sparen, bzw hat er das direkt vor seiner haustuer getan, in etappen, um das gras zu duengen, und eben joints ueberall. Am morgen brauchte man ihn nicht anzusprechen vor dem ersten joint, er war ungeniessbar. Und auch zwischendurch, als er mal zwei tage nichts zu rauchen hatte. Mega aggressiv. So viel zu dem thema kiffer sind besser als alkoholiker, wohl nur so lange, bis ihnen der stoff ausgeht. Ich musste ihm staendig sagen, wo ich hin will, warum und wann ich wieder komme. Jeden tag versuchte er mich zu ueberreden mit ihm zu rauchen und wollte einfach kein nein akzeptieren. Stundenlang musste ich ihm zuhoeren, immer die selben geschichten ueber die chemischen ausstoesse von flugzeugen, verunreinigungen der fluesse, legalisierung von kanabis, chinesischen sternzeichen,... ich musste da weg! Arbeiten konnte ich auch nicht, da er nie meine hilfe wollte, ich solle doch lieber entspannen und mit ihm kaffee trinken. Fuer mein zimmer, in dem ich nicht mal platz fuer meine klamotten fand und mir die kakerlaken jede nacht uebers gesicht rannten, gab ich ihm zumindest 100$ die woche. Mehr wollte er nicht akzeptieren. Im nachhinein hab ich noch einige boese sachen ueber ihn gehoert. Insbesondere, dass alle maedels, die seine zimmer mieten, schon bald weg rennen, da sie sich zu unwohl mit ihm fuehlen.

Naja, ich suchte fleissig, versuchte jede moeglichkeit, die in facebookgruppen und internetseiten auftauchte. Aber man wollte meist lieber einheimischen eine wohnung geben. Puh! Damals war mir noch nicht bewusst, wie verschlossen und stur diese gemeinde ist. Momentan haben sie gerade demonstrationen und unterschriftensammlungen, um die touristen hier weg zu bekommen. Sie wollen ihr dorf lieber wieder fuer sich haben. Naja, jedenfalls klebte ich irgendwann einen zettel an das schwarze brett im dorf. Das war an einem samstag morgen. Danach fuhr ich in die stadt und erhielt am nachmittag einen anruf von einer netten dame, die gerade ihre wohnung zur vermietung ausschreiben wollte. Sie sah meinen zettel, rief mich vom schwarzen brett aus an, wir wussten beide sofort, dass es passen wuerde und schon hatte ich meine wohnung. Zwei stunden spaeter war ich bei ihr. Sie ist eine britin in ihren 70ern, alleinlebend, weitgereist, super nett und hat nichts mit drogen am hut. Es war eine seperate wohnung in ihrem haus. Wohnzimmer mit bett, kueche, bad, kleine terasse. Perfekt! Ich hatte alles, was ich brauchte. Es war spaerlich eingerichtet, kein fernseher, nur das noetigste, genug fuer mich. Ich konnte mein auto in der einfahrt parken, hatte ihren gut gepflegten garten und ihr kleines huendchen “tassie” mit inklusive. Wir verstanden uns auf anhieb und teilten viele reisegeschichten. Anders als so viele australier, die nicht verstehen koennen, warum jemand alleine reist, war sie davon begeistert. Sie ist meistens alleine gereist, kam nie wirklich klar, wenn sie mit anderen umherfuhr, sie kannte all die vorzuege. Nun war sie so begeistert von meiner geschichte, dass sie mich in den naechsten wochen und monate jedem ihrer freunde und bekannten vorstellen musste. Sie hatte eigene kinder und enkelkinder, aber sie erzaehlte immer nur von mir. Manchmal kommt sie sogar an meine arbeit, um mir leute vorzustellen. Ich fuehle mich schon wie ein ausstellungsstueck.

Am naechsten tag fuhr ich nochmal hin, unterschrieb den mietvertrag, bezahlte kaution und die ersten mieten und bekam den schluessel ueberreicht. Ich teilte es meinem gastgeber mit und er sagte, er waere enttaeuscht, haette mich gern laenger da gehabt, aber er konnte verstehen, dass ich mehr platz wollte. ok. Am mittwoch wollte ich offiziell umziehen. Die sachen waren gepackt, auto beladen, mein gastgeber sass auf der terasse und rauchte seinen ersten joint. Ich wollte mich verabschieden und er war voellig erstaunt darueber. Er dachte nicht, dass das schon so zeitig passiert. Er dachte, ich bleibe noch ein paar wochen. Ich hatte ihm gesagt, dass ich am mittwoch gehe, er hat mich dienstag packen und waschen sehen, aber nun war es fuer ihn eine ueberraschung. Naja, der joint hatte wohl noch keine wirkung gezeigt. Er knallte mir ein set frischer bettwaesche vor die fuesse und liess mich noch das bett neu beziehen. Puh, was war ich froh, als ich da endlich raus war. Ich bezog guten gewissens meine neue wohnung und nun kamen arbeitskollegen, chef und vermieterinnen mit all den geschichten ueber ihn und sagten mir, sie seien froh, dass ich da raus kam. Sie dachten schon, ich sei “so eine”.

Ok, so viel erstmal dazu. Im naechsten blog dann was ueber meine neue arbeit und die grosse hitze...

 

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