Ich wachte auf, in der idyllischen Stille der Abgeschiedenheit. Zwei Wohnmobile standen mir gegenueber, aber sie reisten schon frueh ab. Ich machte gemuetlich Fruehstueck und bekam ein freundliches “Guten Morgen!” von den Bauern, die mit ihren Traktoren auf und ab fuhren. Ich fing an, mein Auto zu sortieren und die Einkaeufe zu verstauen, als ich Besuch bekam von einem Hund. Ihm war scheinbar das Traktorfahren zu langweilig. Er leistete mir fuer gut zwei Stunden Gesellschaft. Mittlerweile konnte ich auch mein Mittag dort essen. Dabei entschied ich mich nun endlich, welche Route ich nehmen will und aenderte somit meinen Plan erneut. Das Auto war wieder beladen, der Magen gefuellt, ich wollte gerade aufbrechen, als einer der Bauern vorbei kam und nach seinem Hund fragte. Den hatte ich schon eine halbe Stunde nicht mehr gesehen. Als ich dann jedoch losfuhr, tauchte er ploetzlich wieder auf. Also lud ich erst noch den Hund ein und brachte ihn zurueck zu seinem Herrchen.
Dann musste ich mich ein bisschen beeilen. Ich wollte noch vor 17Uhr bis in die naechste Stadt kommen, Dubbo, um noch kurz vor knapp nach einer Hose zu schauen in einem Pferdegeschaeft. Es waren ein paar hundert Kilometer Fahrt, knapp berechnet, und dann kam eine Baustelle nach der anderen. Ich hatte spritfressende 120km/h drauf, aber damit schaffte ich es gerade so, 10Minuten vor Ladenschluss dort zu sein, um dann schockiert festzustellen, dass es nichts unter $200 gab, weder eine ordentliche Jeans, noch eine Reithose. Naja, das war wohl umsonst. Ich lief noch ein bisschen durch die Stadt, die eigentlich nur beruehmt war fuer ihren Zoo. Ich kaufte noch ein paar Sachen ein, fand eine $30 Jeans, die ich fuer die Arbeit gebrauchen konnte und goennte mir dann den Luxus von einem Campingplatz.
Am naechsten Morgen musste ich erstmal bezahlen. Ich kam spaet am Abend an und hatte noch nicht eingecheckt. Ich nutzte noch die Waschmaschine, kostenloses Internet und die Kueche zum Fruehstuecken. Und dann ging es los ins richtige Outback. Es war wieder viel Fahrerei. Und irgendwann kam ich auch in Gegenden, die mir bekannt vorkamen. Es hat eine Weile gedauert, bis ich bemerkte, dass das gut 200km die selbe Strecke war, die ich 6 Monate vorher von West nach Ost gefahren bin. Irgendwann ging es nicht mehr weiter. Es regnete so stark, dass die Scheibenwischer nichts mehr ausrichten konnten. Die Strassen standen unter Wasser. Ich rutschte im Schneckentempo in den naechsten Ort und fand im Internet heraus, dass alle Strassen rundherum gesperrt sind, wegen Ueberflutung. Es sah nicht so aus, als wuerde es irgendwann demnaechst aufhoeren zu regnen. Ich holte mir Fast Food an der Tankstelle und fuhr noch weitere 20km im Schneckentempo auf gesperrten Strassen raus zum naechsten kostenlosen Campingplatz, wo ich die Nacht ueber dem Regen auf dem Autodach lauschen konnte.
Am naechsten Morgen musste ich zwangsweise noch im Bett liegen bleiben, da um halb sieben ein Reisebus ankam, dessen 50 Insassen die einzige Toilette auf dem Platz benutzten. Der Bus fuhr irgendwann weiter, also vermutete ich, dass die Strassen wieder offen waren. Meine Reifen waren zur Haelfte im Schlamm, so sehr war ich ueber Nacht eingesunken. Barfuss stapfte ich zur Toilette, machte mich fertig und machte mein Auto bereit fuer den schwierigen Start. Im Gelaendegang ging es langsam, Zentimeter um Zentimeter durch den Schlamm zurueck in Richtung Strasse. Im naechsten Ort fand ich ein bisschen Internetempfang und konnte sehen, dass noch immer viele Strassen gesperrt waren. Es waren auch immer noch viele Wetterwarnungen draussen. Ich wollte das Glueck nicht zu sehr herausfordern und entschied mich, nur noch einen Ort weiter zu fahren (200km weiter) um dort die Nacht zu verbringen und zum Countryfestival zu gehen.
Als ich am Nachmittag dann in White Cliff ankam, hoerte es endlich mal auf zu regnen. Ein kleines Dorf mitten im Nirgendwo, voll mit Opalminen. Oh oh! Wie ich gleich vermutete, waren 98% der Bevoelkerung maennlich und hatte lange keine Frauen mehr gesehen. Ueberall gruesste man mich mit den breitesten Grinsen, sogar die Huete wurden zum Gruessen abgenommen. Jeder Schritt, den ich machte, wurde von allen beobachtet. Es erinnerte mich sehr an Cooper Pedy, der Opalstadt im Zentrum. Ich hatte das Gefuehl, man veranstaltete dieses Countryfestival nur, um der Bevoelkerung dort mal eine Chance zur Paarung zu geben. Ich suchte den Campingplatz und fand alles voll mit Grey Nomads. Ich war also nicht nur die Juengste in diesem Ort, sondern ich fuehlte mich, wie Frischfleisch. Zu erwaehnen waere auch noch, dass die Maenner dort alle ueber 50 waren, keine Zaehne mehr im Mund, 5Wochen nicht mehr gewaschen, um 10Uhr morgens schon 3 Bier weg, … wirklich kein Ort zum Wohlfuehlen.
Countryfestival hin oder her, ich entschied mich, weiter zu fahren. Ich kam irgendwann auf den Silvercity Highway. Der Name versprach mehr, aber es war nur eine extrem schlechte Schotterstrasse, auf der das Silber und Eisenerz von Broken Hill hoch nach Queensland transportiert wurde. Die Strasse fuehrte mich bis nach Tibooburra, wo ich gerade noch vor Dunkelheit ankam. Ich fuhr in einen National Park und hatte einen friedlichen kleinen Campingplatz, auf dem ich nur ein paar mal meinen Standort aendern musste, aufgrund von laestigen Ameisen.
Am naechsten Morgen brach ich nach dem Fruehstueck auf, um erst einmal eine kurze Wanderung durch den National Park zu machen. Grosse Felsformationen, verfallene Station-gebaeude, alte Minenschaechte, zurueck gebliebene Maschinen. Danach fuhr ich weiter in Richtung Westen, in Richtung Grenze. Der letzte Tag in New South Wales. Auf Schotterstrassen, oder vielmehr Sandpisten, ging es raus aus dem Ort. Ich hatte schon ca 100km hinter mir, als ich etwas bemerkte. Ich hatte meinen Internetrouter vergessen. Auf einem Felsen auf dem Campingplatz. Na toll! Nach einer Vollbremsung musste ich mich entscheiden... Das Geraet hatte mich 100$ gekostet und ich hatte gerade erst 100$ Guthaben aufgeladen. Nachdem ich aufhoerte, meinen Kopf gegen das Lenkrad zu schlagen, entschied ich mich, dass es mir die 200$ dann doch wert waren, die 100km zurueck zu fahren. Diese Momente, wenn man sich selbst gern in den Hintern treten moechte...
Ich startete also ein paar Stunden spaeter erneut von dem Campingplatz. Mein Internetrouter lag noch dort auf dem Felsen. Die 200$ waren gerettet. Irgendwann kam ich zum Dingozaun, der gleichzeitig die Grenze von New South Wales zu Suedaustralien markierte. Ich musste ein riesiges Tor oeffnen, durchfahren und wieder schliessen. Die Strafe fuer Leute, die vergassen, das Tor wieder zu schliessen, lag bei 2000$. Ich war in Cameron Corner. Offiziell war das ein Ort. Allerdings gab es dort lediglich ein Roadhouse, also Tankstelle mit Campingplatz und Supermarkt, und vermutlich 2 Einwohner. Beruehmt war es nur dafuer, dass es das 3Laendereck war. New South Wales, Queensland und Suedaustralien kamen dort zusammen.
Ich fuhr weiter, durchquerte nun die Strzelecki-Wueste. Die erste grosse Sandduene kam, es ging auf, und mit Schmetterlingen im Bauch wieder bergab. Die zweite grosse Sandduene kam und es war immer noch ein “huiiiiiiii!”. Als die dritte grosse Sandduene kam, war es eher ein “jetzt ist aber genug!”. Und mit der vierten war es schon ein “mir wird schlecht!”. Eine weitere kam. Und noch eine. Und noch eine. Es hoerte nicht auf. Auch wenn ich langsamer fuhr, sie waren so steil, dass mein Magen keine Erholung bekam. Es waren ueber 100 Sandduenen, die ich auf 120km ueberwinden musste. Nach jeder Zehnten musste ich Pause machen, um meinem Magen kurz Ruhe zu geben. Was eine schreckliche Strasse! Es wurde immer spaeter, aber ich fand keinen Platz zum Campen. Irgendwann hatte ich endlich die Sandduenen hinter mir gelassen. Was als naechstes kam, war Schlamm. Eine Menge davon. Der Weg war komplett ueberflutet. Immer wieder ueber mehrere hundert Meter Schlamm und Wasser, manchmal mehr als einen Meter tief. Beim ersten lief ich noch ein Stueck ab, aber es war zu tief, um zu laufen, und es wurde bald dunkel. Die Alternative, umzukehren, kam fuer mich nicht in Frage. Fuer keinen Preis wuerde ich nochmal ueber diese bloeden Sandduenen fahren wollen. Ich schaltete in den Gelaendegang und hoffte auf einen Schutzengel. Das erste Wasserloch hatte noch ein paar Ausweichmoeglichkeiten entlang der Seiten. Aber das naechste folgte bald und ich musste, aufgrund von zu vielen Baeumen und Bueschen an den Seiten, mittendurch. Die meisten Reifenspuren endeten hier, weil jeder umgedreht hat. Ich nahm Anlauf und tauchte ins Wasser ein. Der dicke Schlamm kam bis ueber die Motorhaube, ich wurde langsamer, die Raeder fingen an durchzudrehen. Ich sah mich schon im Schlamm stecken, als es endlich wieder bergauf ging. Adrenalin pur! Normalerweise ja purer Fahrspass, aber um die Tageszeit hatte ich keine grosse Lust, dann doch mein Auto aus dem Schlamm zu buddeln. Nachdem ich mich durch ein weiteres grosses Loch gebuddelt hatte, fand ich endlich einen Uebernachtungsplatz. Neben einer Sandduene, abgelegen und allein, konnten sich meine Nerven nun endlich beruhigen. Was fuer ein Tag! Mit einer Flasche Bier kletterte ich auf die Duene und genoss den Sonnenuntergang. Ich freute mich auf eine erholsame Nacht, um bereit zu sein fuer einen weiteren adrenalingeladenen Tag im Schlamm.