Am naechsten Morgen ging es weiter im Schlamm. Ich sah bei Tageslicht, dass ich gar nicht so weit weg war von einer Station. Also waere ich ja doch nicht ganz verloren gewesen, wenn ich stecken geblieben waere. Ich startete schon frueh und kam auch gleich bald zum naechsten Wasserloch. Drei weitere folgten, letztlich habe ich gut eine Stunde gebraucht fuer nicht mal 10km. Aber irgendwann fuehrte mich der Weg wieder raus aus dem Schlamm auf eine bessere Strasse. Dem offizielen Strzelecki Track, auch wenn ich nun schon den Grossteil der Strzeleckiwueste durchquert hatte. Vergleichsweise war das fast ein Highway. Nicht geteert, aber gute Schotterstrasse, wo man auch gemuetlich mal 110km/h fahren konnte. Ich hatte auch wieder Gegenverkehr. Ein Auto pro Stunde. Nach ein paar 100km gerade aus, kam der Abzweig zu den Gammon Ranges, einer schoenen Berglandschaft mit roten Klippen, Schluchten und Wasserloechern. Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste, war, dass die Strasse wegen Ueberflutung gesperrt war. Erstmal wurde ich noch abgelenkt von einer schoenen Schlange. Gut 3m lang, lag sie da am Strassenrand und hat sich gesonnt. Ich machte eine Vollbremsung, drehte um und beobachtete sie eine ganze Weile. Sie war am Ueberlegen, ob sie mein Auto attakieren soll oder nicht, senkte aber ihren Kopf dann doch wieder. Wie ich spaeter herausfand, war es eine recht seltene Python. Schoenes Tier.
Naja, irgendwann kam ich auf die letzten 20km der Strasse. Und das waren die Schlimmsten. Ein paar Schlammloecher hier und da hatten mich noch nichts ahnen lassen. Aber dann stand ich vor diesem See. Der Weg war kaum noch zu sehen. Wasser ueberall. Es gab allerdings schon einen Irren vor mir, der sich durchgekaempft hat. Und seinen Spuren bin ich dann mehr oder weniger gefolgt. Ich legte noch eine Pinkelpause ein, verstaute alles Wertvolle so weit oben, wie moeglich, kontrollierte nochmal, ob all meine Fenster und Tueren fest verschlossen waren, legte den niedrigen Gelaendegang ein und fuhr los. Um durch Schlamm zu fahren, ist die richtige Geschwindigkeit wichtig. Und die muss man halten koennen. Waehrenddessen hoch oder runter zu schalten, ist verhaengnisvoll. Verliert man Geschwindigkeit, hat man grosse Chancen, stecken zu bleiben. Normalerweise kann man gerade so durch die Schlammloecher rutschen und bevor man zu langsam wird, hat man auch schon das andere Ende erreicht. Hier war das nicht so. Es wollte nicht enden. Dieses “Schlammloch” zog sich auf ueber 10km durchgaengig. Immer wieder tauchte auch die Motorhaube in den Schlamm. Ich wurde umhergeschleudert, musste das Lenkrad hin und her reissen, brauchte all meine Kraft um das Auto mehr oder weniger gerade zu halten. Die Reifen buddelten sich muehsam durch den Schlamm. Die Anspannung liess nicht nach. Im Sand stecken zu bleiben ist eine Sache, aber im Schlamm... da zaehlt jede Sekunde. An den tiefsten Stellen waren meine Fenster schon zur Haelfte im Wasser. Nervenkitzel pur. Irgendwann hatte ich es geschafft. Hab ich gedacht. Ich goennte mir eine Pause, musste meine Nerven erstmal wieder beruhigen. Als ich weiter fuhr, kam ich einen Huegel herunter und stand vor einer weiteren “Pfuetze”. Hier hatte mein Vorgaenger umgedreht. Mhhhhh...nun stand ich vor der grossen Frage, ob ich durchfahre oder den ganzen Weg wieder zurueck. Ich versuchte zu Fuss die Tiefe heraus zu finden, aber ich kam nicht weit, der Schlamm war so tief und es ging bergab. Ich ueberlegte weiter und entschied mich, das Risiko einzugehen. Es konnte nicht mehr weit sein zum National Park Zentrum. Wenn noetig, koennte ich also Hilfe holen. Ich fuhr los, tauchte ein, bekam eine grosse Welle ueber die Windschutzscheibe, aber ich hatte genug Schwung, um auf der anderen Seite wieder aufzutauchen. Als ich den Huegel wieder hoch kletterte, kam ich beim Haus des National Park Rangers an, wo die Strasse blockiert war mit dem Schild “Strasse gesperrt”. Nun wusste ich das also auch.
Ich fuhr in ein paar Schluchten herum, wollte eigentlich in einen 4WD-Park, also einem Spielplatz fuer Erwachsene im Gelaende. Aber der sollte Eintritt kosten. Und nach der Strecke hatte ich erstmal genug Gelaendefahrspass. Ich fuhr also weiter ueber kaputte Schotterstrassen in Richtung Leigh Creek. Einem kleinen verlassenen Oertchen an einem geteerten Highway. Dort war ich vor sechs Jahren schonmal. Allerdings waren damals die Minen noch in Takt. Vor ein paar Jahren hat die Krise allerdings auch diese Gegend getroffen und alles war wie ausgestorben. Aber es gab einen Campingplatz. Und der wollte lediglich 10$ die Nacht. Ein guter Preis, um eine Dusche zu bekommen. Die Waschmaschinen funktionierten leider nicht. Das war mein Hauptanliegen. Und die Kueche konnte ich auch nicht wirklich nutzen, da drei Familien da waren mit insgesamt 8 kleinen Kindern, die kreischend umher rannten. Genau das, was man braucht, nach einer Zeit in der Wueste.
Es war trotzdem eine erholsame Nacht und ich konnte wieder zurueck auf Schotterstrassen, nachdem ich den Tank nochmal aufgefuellt hatte. Es ging Richtung Norden. Erst durch Farina, einer richtigen Geisterstadt mit all ihren Pioniergeschichten. Alle anderen “Staedte” auf der Strecke waren nicht viel weniger verlassen. Es war die Touristenroute zum Lake Eyre, dem tiefsten Punkt Australiens. Im kleinen Oertchen Maree war ich vor sechs Jahren auch schonmal. Damals fuhr ich nach links auf dem Oodnadatta Track. Diesmal fuhr ich nach rechts zum beruehmten Birdsville Track. Eine staubige Schotterstrasse mit jeder Menge Spurrillen. Es gab weit und breit keine Kaenguruhs mehr. Dafuer war ich aber wieder in Dingo-Terretorium. Nach ca 40km, mitten im Nirgendwo, kam ich zu einem Schild mit einem Pool. Ich konnte es nicht ganz glauben, also legte ich meine Mittagspause dort ein. Es war tatsaechlich ein kleiner Pool neben einer heissen Quelle. Man konnte sich also ein Bad einlassen, in der staubigen Wuestenlandschaft. Allerdings hatte ich bei der Hitze nicht unbedingt das Beduerfnis. Waehrend ich da sass und mein Sandwich genoss, konnte ich eine Staubwolke die Strasse entlang kommen sehen. Ich traute meinen Augen nicht, als zwei Oldtimer um die Ecke kamen. Oder sollte ich sagen 4 Oldtimer? Zwei alte Herren in ihren 70ern aus Melbourne waren auf grosser Reise mit ihren alten Fords aus den 60ern. Sie waren recht enttaeuscht, dass noch kein Wasser eingelassen war. Wir tauschten Reiseerfahrungen und Strassenberichte, machten Fotos voneinander (ich war von ihnen so begeistert und sie waren so begeistert, eine junge Frau zu treffen, die alleine durch die Wuesten reist) und gingen dann wieder in getrennte Richtungen.
Die beiden Herren erzaehlten mir von Dingos in den Baeumen. Ich hatte das fuer einen Scherz gehalten, sah aber bald, was sie damit meinten. Ich kam an einem Baum vorbei, der voll war mit Dingos. Man hatte diese schoenen australischen “Wildhunde” erschossen und ca 10 davon in einen Baum gehangen, um ein Zeichen zu setzen fuer die anderen Dingos. Markaber. Wirklich.
Ich bekam noch ein bisschen Fahrspass. Auch dieser Weg war noch recht schlammig von den letzten Regenfaellen. Aber zumindest nicht mehr ganz so extrem. Und wenn die beiden alten Herren da durch gekommen sind mit ihren duennen Holzraedern, werde ich das wohl auch schaffen. Es wurde langsam dunkel und ich war noch immer nicht dort angkommen, wo ich uebernachten wollte. Man konnte ueberall Dingos sehen und hoeren. Also entschied ich mich, anzuhalten und mein Abendessen zu kochen. Danach fuhr ich im Dunkeln weiter, bis ich endlich an der Einbuchtung ankam, in der man kostenlos uebernachten durfte. Ich entschied mich, im Auto zu essen. Draussen jaulten ueberall die Dingos. Das war mir etwas zu unheimlich.