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Die Ausflüge im Paradies

Ausfluege gab es nicht all zu viele, ich war zu sehr mit dem Arbeiten beschaeftigt. Aber das ist einem auch egal, wenn die Arbeit Spass macht. Und ein Ausflug war der Arbeit doch sehr nahe. Mein Chef sagte mir, ich solle mir ein Pferd aussuchen, meinen Schlafsack einpacken und ein paar Bier kalt stellen... wir fahren nach Broome, es ist Vollmond! Gegen Mittag schnappten wir uns also zwei Pferde, luden sie in den Anhaenger, Saettel dazu und unseren Kram ins Auto und auf ging es in den Nachbarort. 240km. Eine laaaaaaaange Fahrt durch karge Landschaft, die mit Anhaenger, nicht funktionierendem Radio und nicht funktionierender Klimaanlage umso laenger war. Aber mit etlichen Pausen, kamen wir irgendwann gegen 4Uhr dann mal an. Hinter den Sandduenen noerdlich von Broome befanden sich all die Luxusanwesen. Da wurde ich schon etwas nervoes. Ich hatte am Morgen noch meinen Sattel geputzt, hatte meine Jeans drei Mal durch die Waschmaschine gejagt und den Dreck trotzdem nicht ganz heraus bekommen, und ich hatte mein kleines dreckiges Pferdchen ewig sauber gemacht und poliert. Aber fuer so ein Luxusanwesen fuehlte ich mich nun doch ein bisschen zu “baeuerlich”. Zum Glueck bogen wir in die einzige normale Einfahrt ein, mit einem normalen Haus und einem herunter gekommenen Grundstueck. Dort erwartete uns Jenn, eine Freundin meines Chefs und eine stolze Besitzerin zwei unserer Pferde. Wir luden unsere erschoepften Pferde aus, gingen auf ein Bier auf die Veranda und warteten auf andere Leute, die dann aber doch nicht kamen. Irgendwann war es dann spaet genug und ich musste mein Pferdchen aus dem Schlaf reissen und bereit machen. Es waren also erstmal nur wir drei. Wir fuehrten unsere Pferde hoch auf eine Sandduene und hoerten schon das Problem: ein paar Motorraeder hatten sich auf die Duenen geschlichen. Das gefiel den Pferden natuerlich gar nicht. Aber wir stiegen auf, machten uns auf den Weg durch die unendliche Duenenlandschaft, ok eigentlich waren es nur um die 3km, aber es war waaaaahnsinnig schoen. Im Trab und Gallopp ging es auf und ab, durch Buesche, durch den tiefen Sand. Die Motorraeder hat Jenn erstmal gekonnt in die Schranken verwiesen, sodass die dann mal in die andere Richtung weiter gefahren sind. Irgendwann kamen wir zum Strand. Eeeeeeeewige Weite und noch gut einen Kilometer bis zum Wasser. Ueberall waren Autos verteilt, Leute mit Hunden, Leute am Angeln, Leute am Sonne geniessen, Leute am nackig joggen. Ach ja, Hunde hatten wir auch. Jenns 3 kleine Quietschehuendchen, die jedes Tempo mitgehalten haben. Wir galloppierten im Megatempo zum Wasser. Ein Waaaaaahnsinns Moment! Nicht-pferde-begeisterte Leute werden das jetzt vielleicht nicht verstehen, aber fuer mich war das einfach ein Traum, so schoen, dass mir ein paar Traenchen ueber die Wange gerollt sind, waehrend ich mein breites Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekommen habe. Wir spielten ein bisschen in den Wellen, was aeusserst lustig war mit unseren beiden Pferden, die nicht an Wasser und Wellen gewoehnt und dementsprechend sehr skeptisch waren. Wir blieben stehen, tranken Bier auf dem Pferderuecken und beobachteten einen absolut atemberaubenden Sonnenuntergang. Irgendwann sahen wir ein weiteres Pferd auf uns zu galloppieren. Das war Jenns 13jaehrige Tochter, ohne Sattel. Mit ihr ging es dann weiter, noch einige Kilometer am Strand entlang. Das Geraeusch, als die Pferde in den Wellen galloppierten... unbeschreiblich! Irgendwann kam dann auch mal der Vollmond hinter den Sandduenen hervor. Den nutzten wir dann fuer den Heimweg. Aber viel habe ich mit meiner Nachtblindheit trotzdem nicht gesehen. Aber die beiden auf ihren toptrainierten Strandpferden sind von einem Galopp in den naechsten gegangen. Adrenalin pur! Aber so viel Spass! Ich fuehlte nur fuer meinen alten Chef, der schon von einem normalen Ritt 2 Wochen braucht, um sich wieder zu erholen. Aber es hat ihm auch Spass gemacht. Irgendwann nach gut 2,5Stunden kamen wir dann ueber die Duenen wieder zurueck. Die Pferde waren klatschnass geschwitzt und hatten sich ihr Abendbrot mehr als verdient. Wir bekamen auch Abendessen serviert, tranken noch ein paar Bier im Haus und fielen dann muede und gluecklich in unsere Schlafsaecke neben dem Pferdeanhaenger. Etwas komisch, in Australien im freien im Schlafsack zu uebernachten. Da kommen einem viele Gedanken darueber, was da in der Nacht alles so reinkrabbeln koennte. Am naechsten Morgen wurden die Pferde wieder eingeladen, wir bekamen noch einen Kaffee und dann ging die lange Fahrt wieder zurueck. Unsere Pferde bekamen zuhause eine gruendliche Dusche, Wasser und Spezialfutter und konnten sich erstmal einen Tag erholen, bevor es wieder zu den anderen auf die Koppel ging. Fuer die naechsten 2 Wochen waren die beiden kaum zum Aushalten. Sie wollten staendig davon galoppieren, haben ueberhaupt keinen Trab mehr hinbekommen, waren einfach total aufgedreht. Also alles in allem war dieser Ausflug ein riesiger Aufwand, aber es hat sich sowas von gelohnt. Ein Tag, der mir definitiv fuer immer in Erinnerung bleiben wird.

Zwischendrin waren wir mal auf ein paar Festen. Zum einen das Boabfestival mit Livemusik und Jahrmarkt. Dann war da noch ein Aboriginal-festival. Sehr chaotisches Programm, aber definitiv sehenswert. Eine ganz andere Kultur eben. Dann war da das Rodeo fuer drei Tage. Zwei Tage bin ich mal hingegangen, mehr fuer die Cowboys und die Musik. Dann gab es noch ein kleineres Rodeo. Nur fuer einen Tag, ohne Musik. Und nachdem sich 3 Bullen und ein Pferd die Beine gebrochen haben, hatte ich genug. Bei all den Fortschritten in Sachen Tierschutz, verstehe ich einfach nicht, wie Grossnationen wie Amerika und Australien noch Rodeos veranstalten duerfen. Dann war noch Speedway. Da werden nur Autos gequaelt, das war mir lieber. Da waren wir zweimal. Und dann noch bei einem Konzert einer lokalen Aboriginal-Rock-Band.

An einem freien Sonntag habe ich es mal geschafft, mit einer von meinem Chef gezeichneten Landkarte hoch zum Point Torment zu fahren. 80Km, eine Strecke, fuehrten mich ueber eine Gelaendestrecke durch die Felder unseres Nachbars hoch an die Kueste. Der Fluss “Mayriver” muendet dort ins Meer. Azurblaue Wasserloecher sahen so verlockend aus. Aber mehr als Fischen konnte man dort nicht, da man immer die Gefahr von Krokodilen hat. Durch Salzebenen ging es weiter zu einem schoenen Strand. Auch wieder soooo schoen einladend. Aber reissende Stroemungen, giftige Quallen, Haie und Krokodile tun ihr Bestes, um jeden Wagemutigen den Tot ein bisschen naeher zu bringen. Ueber die Sumpfgebiete ging es gerade aus wieder zurueck, trotz Abraten meiner Chefs, die dort schon oefters mal stecken geblieben sind. Aber die Suempfe sind sowieso zu meinem Lieblingsort ausserhalb des Grundstuecks geworden. Im Moment ist alles mehr oder weniger trocken, weshalb man gut darauf herumfahren kann, immer mit einem bisschen Nervenkitzel. Und dann gibt es da “Boab Island”, eine kleine Insel in dieser flachen Salzebene, die man befahren kann, mit jeder Menge komischer Boab-Baeume. Wenn die Hitze dann alles flimmern laesst und den Horizont aussehen laesst, wie Wasser, dann fuehlt man sich wirklich wie Robinson Cruzo.

Und dann war da noch mein grosser Ausflug. Ein paar Tage habe ich frei bekommen und konnte etwas von der Gegend sehen. Allerdings war es so spontan, dass mir mein Chef am Freitag nachmittag gesagt hat, ich solle doch ein langes Wochenende machen, es waren keine Ausritte gebucht. Naja, so wirklich gepasst hat mir das nicht unbedingt, da ich erst am Donnerstag jede Menge Setzlinge in den Gemuesegarten gepflanzt hatte und die brauchten noch meine Aufmerksamkeit und extra Wasser. Und bei der Hitze haben es kaum welche ueberlebt ohne mich. Naja, am Samstag morgen packte ich also ein paar Sachen ins Auto und fuhr Richtung Osten entlang der beruehmten Gibb River Road. Als “Eines der letzten grossen Abenteuer” wird diese Strasse beschrieben. Allerdings war nicht viel davon uebrig geblieben. Es war Ende der Saison und schon nach den ersten paar Kilometer Schotter hatte ich eigentlich schon die Nase voll und wollte umkehren. Diese Strasse hat dieses Jahr so viele Autos zerstoert, wie noch nie zuvor, hat zwei Todesopfer gefordert und jede Menge verletzte. Es sind mittlerweile so viele Touristen, dass es einem Highway gleicht. Und viele denken dann auch, sie koennten ihre Highwaygeschwindigkeit beibehalten. Fuer mich war es definitiv eine der schlechtesten Strassen, die ich in diesem Land befahren habe und ich wurde schon mit meinen schleichenden 80km/h genug durchgeschuettelt. Die Flussdurchquerungen, die eigentlich das groesste Abenteuer sein sollten, waren groesstenteils bereits ausgetrocknet. Die paar, die uebrig waren, waren mit Teer oder Geroell ausgelegt, sodass das keine Herausforderung mehr war. Nur ein Fluss hatte noch Matsch und ging bis ueber die Motorhaube. Aber das war der einzige Adrenalinkick. Auf dem Hinweg hatte ich fuenf Mal angehalten fuer Leute mit geplatzten Reifen, auf dem Rueckweg waren es nur 2 Autos. Irgendwann kam ich dann mal an meinem ersten Uebernachtungsplatz an. Ein kleiner Bach in einem schoenen Tal. Ich hatte den Platz fuer mich allein, musste die Gegend allerdings teilen mit hunderten Bremsen, die mich trotz Insektenspray permanent gestochen haben. Am naechsten Morgen fuhr ich weiter zur Bell Gorge, meinem Hauptziel. Es war bereits Mittag, als ich dort ankam und der Parkplatz war voll. Einer kleine Wanderung (angesetzt mit einer Stunde, aber eigentlich ist es keine halbe) brachte mich runter zum Fluss. Eine Bilderbuchlandschaft mit jeder Menge Wasser, Palmen, Felsen in jeglichen Farben und natuerlich strahlender Sonnenschein. Aber eben jede Menge Touristen. Ich lief noch weiter, kletterte einen Berg hoch. Von da konnte man auf der anderen Seite runter klettern, um an das eigentliche Wasserloch mit einem wunderschoenen grossen Wasserfall zu kommen. Allerdings war das der Ort, wo sich die Passagiere der drei Reisebusse aufhielten. Man musste Schlange stehen, um ins Wasser zu kommen. Nee, das war nicht mein Ding. Ich beschloss den Nachmittag auf dem Campingplatz zu verbringen und am naechsten Morgen zurueck zu kommen und runter zum Wasserloch zu gehen. Ich suchte mir ein Plaetzchen auf dem Campingplatz. Trotz jeder Menge Leute, war es gross genug, sodass sich alles gut verteilte. Die Bremsen machten mich wahnsinnig. Sie waren ueberall. Ich hatte ueberall schon angeschwollene Stiche. Ich musste feststellen, dass dieser Trip etwas zu spontan war, denn ich hatte die Haelfte vergessen. Das groesste Uebel war noch, dass ich schon am zweiten Tag mein Buch fertig und kein weiteres dabei hatte. Ich konnte noch den Rest meines deutschen Automagazins fertig lesen, aber das war es auch schon. Aber zumindest hatte ich die Zeit, mal meinen Laptop aufzuraeumen, Bilder zu ordnen, Unterlagen fertig zu machen, usw. Und ohne Internet oder Handyempfang gab es auch keine Ablenkung. Es wurde dunkel, die Bremsen machten Platz fuer die Moskitos, ich hatte mein Abendbrot fertig, wollte ins Bett, um mir einen Film an zu sehen, war gluecklich, dass sich alle Leute schoen verteilten, und dann kamen da zwei Autos in der Dunkelheit. Es war noch sooooooo viel Platz und die stellten sich direkt neben mich. Sowas hab ich ja gern! Privatsphaere weg! Ich musste also meine Fenster alle abdecken. Und dem nicht genug, es war der 6er im Lotto: 4 franzoesische Backpacker. Ahhhhh!!! Das Theater begann also. Erstmal wurde lautstark alles aus dem Auto geholt. Dann wurde ein Feuer gestartet, obwohl im Moment ueberall Feuerverbot ist. Also hat es keine 5 Minuten gedauert, bis der Ranger kam und sie mussten das Feuer unter lautem Demonstrieren wieder aus machen. Dann haben sie einen Generator gestartet. Also hat es keine 5 Minuten gedauert, bis der Ranger wieder auf der Matte stand, da auch Generatoren verboten waren, was eigentlich auch durch jede Menge Schilder allen deutlich gemacht wurde. Dann sassen sie um ihr totes Feuer und haben angefangen zu trinken. Nun hatte ich also irgendwann 4 besoffene Franzosen, fuenf Meter neben mir, die ohne Ruecksicht auf andere, bis die Nacht um 2 gesessen haben. Was eine Nacht. Aber meine Rache kam. Mein Morgen begann auch hier um fuenf. Und mit Vergnuegen bin ich durch das laute Laub direkt neben ihren Zelten geraschelt, um zum Bad zu kommen. 4 Mal. Nach meinem Fruehstueck fuhr ich zurueck zur Schlucht, wo ausser mir, nur zwei andere Leute waren. Ich begegnete den beiden bei der Flussueberquerung. Er half ihr ueber ein grosses Stueck zu springen. Dann dachte ich, ich koennte das auch schaffen. Allerdings berechnete ich nicht, dass der Fels nun nass war. Ich sprang ab, merkte schon, dass mein Fuss wegrutschte und konnte in diesen paar Millisekunden im Flug wie in Zeitlupe sehen, dass ich es nicht schaffen werde. Ich prallte mit meinem rechten Knie gegen den Felsen und rutschte ins Wasser. Ich stand bis zur Brust im Wasser, mit samt meines Rucksacks. Toll gemacht! Und zu allem uebel waren die anderen Leute noch in Sichtweite, sodass zum Schmerz auch noch die Blamage hinzukam. Ich raufte mich zusammen, kletterte raus, sagte ihnen, dass alles in Ordnung ist und humpelte weiter. Sobald sie um die Ecke waren, setzte ich mich erstmal hin und jammerte los. Man tat das weh! Als haette ich nicht schon genug Knieprobleme. Und die ganze Aktion (nur um das mal hervor zu heben) war nur, weil ich zu faul war, die Wanderschuhe auszuziehen und gemuetlich durchs Wasser zu laufen. Die Schuhe sollten nicht nass werden, das war die Idee dahinter. Und da sass ich nun, von oben bis unten durchnaesst. Ich schleppte mich noch ein Stueck weiter, mein Knie war schon dick angeschwollen und in allen Farben. Ich packte meinen Rucksack aus, zog die Schuhe aus, zog meinen Bikini an, legte all meine nassen Klamotten auf die Felsen und macht es mir gemuetlich. Die Sachen konnten trocknen, waehrend ich halb im Wasser sass, um mein Knie zu kuehlen. Der Schmerz wollte nicht nachlassen. Also war die Idee, zum Wasserloch zu klettern, verworfen. Ich verbrachte die naechsten 4 Stunden am Fluss. Auch schoen, aber eben der Schmerz. Irgendwann gegen 11Uhr kamen dann mal die Bremsen und die Touristen. Es war Zeit zu gehen, bzw los zu humpeln. Mit Sonnenbrand an meinem schneeweissem Bauch, fuhr ich zurueck zum Campingplatz, wo ich nochmal duschte und mein Mittagessen aufwaermte. Die Bremsen gingen mir auf die Nerven, der Laptopakku war leer, nichts zu lesen, nichts zu tun, nicht mal wandern konnte ich mehr, also entschied ich mich, wieder heim zu fahren. Es war fast Sonnenuntergang, bis ich wieder zurueck war. Also entschied ich mich, nochmal in die Suempfe zu fahren, wo ich die Nacht in idyllischer Stille auf “Boab-Island” verbracht habe und erst am naechsten Morgen wieder zurueck bin. Am Nachmittag hatte ich schonwieder den naechsten Ausritt, unter Schmerzen. Mein Knie macht mir auch heute, 5Wochen spaeter, noch Probleme. Was eine saudoofe Aktion!

Im naechsten Blog heisst es dann Abschied nehmen und auf ins naechste Abenteuer

*Das Glueck der Erde, liegt auf dem Ruecken der Pferde*

 

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