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Myanmar - Der erste Eindruck

Ich sass im Flieger raus aus dem geliebten Land. Ich versuchte meine Motivation zu finden, aber meine Gedanken waren immer noch bei dem Diebstahl und wie ich am Besten an Geld kommen kann, wie ich Fluege und Hotels buchen soll, usw. An den eigentlichen Vorfall zurueck zu denken ist irgendwie komisch. Das Bild war im Kopf verankert, wie sich dieser Typ meinen Geldbeutel schnappt. Und jedes Mal kam dieses extrem dunkle, negative, boesartige Gefuehl rueber. Schwer zu beschreiben. Komisch eben. Ich hatte eine Zwischenlandung in Kuala Lumpur, besser gesagt eine Uebernaechtung am Flughafen. Aber mein Gepaeck ging durch, darum musste ich mich nicht kuemmern. Also konnte ich mir eine gemuetliche Bank suchen und 6Std friedlich durchschlafen. Dann ging es weiter nach Yangon (frueher Rangun), der frueheren Hauptstadt von Myanmar (frueher Burma), einem suedostasiatischen Staat, der noch relativ weit entfernt ist von Massentourismus. Dementsprechend gab es noch unendlich viele freundliche Menschen. Und mit freundlich meine ich von Herzen freundlich und nicht nur freundlich, weil sie in jedem weissen Menschen das Dollarzeichen sehen. Myanmar ist ein Dritte-Welt-Land, dem es eigentlich ganz gut geht. Die Menschen sind gluecklich mit dem wenigen, das sie haben. Es ist nicht, wie in vielen anderen armen Laendern, dass die Menschen in alten, kaputten Klamotten herumlaufen, meist noch unsere Klamotten aus der Kleiderspende. Nein, in Myanmar traegt man meist noch traditionelle Kleidung, den Longgy, einen Sarong, Frauen wie auch Maenner. Und dazu schoene, passende Blusen oder Hemden. Insbesondere die Frauen waren in wunderschoenen Farben gekleidet. Und alles ist makellos sauber und in gutem Zustand. Selbst die juengeren Generation traegt meist Traditionel. Also auch 20jaehrige Maenner tragen hier Roecke. Ab und an sieht man natuerlich auch Leute in Jeans und Tshirt. Aber so ein Sarong macht bei der Hitze schon Sinn. Und lustig ist es, wenn es zum sportlichen kommt. In dem Longgy kann man ja nicht wirklich rennen. Also wird er hochgebunden. Also sieht man oefters mal Maenner beim Fussball spielen im Park mit ihren Riesenwindeln. Das Land ist ueber Jahre hin durch verschiedene Aufstaende, Buergerkriege und Unruhen zerstoert worden. Bis 2010 herrschte eine Militaerdiktatur, seither geht es aufwaerts mit dem Land. Auch wirtschaftlich geht es aufwaerts, da das Land bis 2010 extrem isoliert war. Auch heute noch arbeiten ungefaehr 70% der Einwohner in der Landwirtschaft. Eine grosse Einnahmequelle ist jedoch auch der Schlafmohn an den Grenzen zu Thailand und Laos. Myanmar ist einer der weltweit groessten Lieferanten von Heroin. Viele Bauern in diesen Gegenden werden vom Militaer zum Opiumanbau gezwungen. Der Tourismus wurde erst in den letzten 7Jahren angekurbelt. Hatte man zum Beispiel in den Jahren 2007 und 2008 insgesamt nur rund 220.000 Besucher, waren es in 2014 bereits 3Millionen. Ein schoenes Land, mit viel zu sehen und noch so schoen unverdorben vom Massentourismus. Religionsmaessig gehoert der Grossteil der Bevoelkerung dem buddhistischem Glauben an. Das Land hat allerdings ueber die letzten Monate auch in Deutschland fuer Schlagzeilen gesorgt. Man hat die muslimische Minderheit hier bilderbuchhaft ausradiert. Die Rohingyas wurden erbarmungslos ermordet und vertrieben und haben Zuflucht in Bangladesh gefunden, einem der aermsten Laender der Welt.

Soweit also ein paar Fakten ueber das Land. Angekommen in Yangon ging es mit dem Taxi erstmal quer durch die Stadt. Der asiatische Verkehr fuehrte schonmal zum ersten Kulturschock. Nicht ganz so extrem, wie in Thailand oder Vietnam, aber es war trotzdem chaotisch. Aus drei Spuren wurden 5 gemacht, die Hupe war des Fahrers bester Freund, einen Gurt gab es natuerlich nicht, aber zumindest gab es in Yangon keine Motorraeder, was das asiatische Chaos ein bisschen entschaerft. Mein verrueckter Fahrer, der aussah wie 12, schaffte es nach einer halben Stunde, mit nur zweimal andere Autos rammen, mich zum Hostel zu bringen. Zwei Naechte hatte ich gebucht (bevor ich wusste, dass die Matratze nur ca 3cm dick ist und auf einem Holzbrett liegt), ich musste mir erstmal ueberlegen, was ich in dem Land so mache. Ich wollte ja endlich mal reisen, ohne vorher zu planen, ganz spontan. Was fuer eine bloede Idee! Man verschwendet so viel Zeit vorort, verpasst viele Sachen, zahlt viel mehr und hat die Rennerei mit Visa, Unterkunft usw. Nee, das war eine dumme Idee. Da bin ich doch lieber deutsch und plane meine naechste Reise wieder durch.

Yangon ist recht speziell. Das tropische Wetter hinterlaesst seine Spuren. Die ganze Stadt ist schimmelig und ueberwuchert. Jede Menge Gebauede sind im britischen Kolonialstil, wunderschoene Architektur, aber keiner kuemmert sich darum. Ueberall ist Schimmel, Moos und andere Pflanzen. Echt komisch, aber es gibt der Stadt einen ganz besonderen Stil. Wie das eben so ist in einem Dritte-Welt-Land gibt es ein riiiiiiiiesiges Muellproblem. Recycling ist ein Fremdwort, aller Muell wird an die Strassenraender und in Fluesse geschmissen und ab und zu mal verbrannt. Viele Strassen sind nicht geteert, nur Schotter und Dreck. Dementsprechend ist alles auch sehr staubig. Aber dann ist da die Sache mit dem Strasse kehren. Jeden Morgen wird hier Strasse gekehrt. Im Staub und Dreck. Aber die Buergersteige sind jeden Morgen sauber. Meist wird der Dreckhaufen noch durchgesiebt, sodass der Staub da bleibt, aber der Muell rausgesiebt wird. Auch die Wohnung wird jeden Morgen gekehrt. Viele “Wohnungen” bestehen ja nur aus 4 Bambusstaemmen und einem Strohdach. Darunter befindet sich eine kleine Erhoehung, auf der die ganze Familie schlaeft, eine Feuerstelle zum Kochen und evtl ein paar Schraenke. Und ein paar Meter entfernt gibt es dann meist ein kleines Blechhuettchen, wo man die Toilette finden kann (ein Loch im Boden). Gewaschen wird meist am Fluss oder es gibt eine Tonne mit Wasser am Haus. In Myanmar baut man nicht hoch, man findet selten mehrstoeckige Haeuser, ausser in der Innenstadt. Alle Ortschaften strecken sich recht weit aus.

Am ersten Tag machte ich ein bisschen Sightseeing in der naeheren Umgebung. Myanmar ist kein Fussgaengerland, also sagte man mir in jedem Hostel, dass alles zu weit waere zu laufen. In Wirklichkeit war alles nur ein paar hundert Meter entfernt. Dementsprechend musste ich auch beim Umherlaufen staendig Taxifahrer abwimmeln, die mir erzaehlten, dass alles zu weit war. Naja, ich lief trotzdem. Am naechsten Tag nutzte ich die Bahn. Ein Zug, der fuer drei Stunden eine Runde um die Stadt faehrt. Recht wackelig, mega schmutzig und teilweise ueberfuellt, bekam man fuer umgerechnet 20Cent recht viel zu sehen. Und man konnte den staendigen Monsunregen mal fuer eine Weile entgehen. Ein weiterer Tag brachte mich zur grossen Shwedagon Pagoda, dem heiligsten Ort im Land. Pagodas sind ja nun ein bisschen anders als Kirchen, da kann man nicht reingehen, man kann nur von aussen all das Gold bestaunen. Aber auf einem relativ grossen Gelaende gab es auch so genug zu sehen. Allerdings gestaltete es sich recht schwierig nach einem weiteren Regenschauer, da alles Marmor war und man barfuss laufen musste. Also war es eine ganz schoen rutschige Angelegenheit. Danach ging es durch einen Park zurueck. Ein Steg brachte mich ueber einen Teil vom See. Allerdings waren die Holzbretter schon so alt und kaputt, dass es ein echtes Abenteuer war, nicht einzubrechen. Am Gelaender entlanghangeln ging auch nicht, da das groesstenteils nicht mehr vorhanden war. Aber ich schaffte es den halben Weg und dann musste ich eh runter, da die zweite Haelfte schon zusammengebrochen war. Sehr beruhigend. Mittagessen gab es in einem 5Sterne Restaurant, das mit europaeischem Essen geworben hat. Also hatte ich richtig gutes Cordon Bleu, fuer den Hammerpreis von umgerechnet 7Euro mit Getraenk. Normal mag ich ja gern das landestypische Essen probieren, aber da ich schon jeden Morgen gebratene Nudeln mit Spiegelei essen musste, war mein Magen-Darm-Trakt sowieso schon auf Asien-Streik.

Ein weiteres Abenteuer war es, ein Zugticket zu kaufen. Zum einen raet einem jeder vom Zugfahren in Myanmar ab. Aber ich mag Zuege aber lieber als Busse. Zum anderen war es auch laut Hotelangestellte und Taxifahrer viiiiiiiiiel zu weit zum laufen. Ich meisterte die 1.2km in 20min mit den einzigen Problemen, dass die Taxifahrer zu laestig und der Verkehr zu dicht waren. Doch am Bahnhof machte man mir deutlich, dass ich ein Ticket nach Mandalay auf der anderen Seite bekomme. Also ging ich um das Gebaeude und fand nichts. Ich fragte nochmal und fand jemanden mit mehr Englisch als nur “other side!”. Er erklaerte mir, dass ich zurueck auf die Strasse muss, ueber die Bruecke, ueber die Schienen und auf der anderen Seite finde ich den Ticketschalter. Ich kam auf der anderen Seite an und wurde gleich von einem Typen angesprochen, der mir zeigen wollte, wo es Tickets gab. Noch nicht lang genug in Asien lief ich blauaeugig mit ihm mit. Als er mich dann in eine Seitenstrasse lockte, wurde mir langsam klar, auf was ich mich da eingelassen hatte. Wir endeten in einem kleinen Buero einer Reiseagentur. Wieder wurde mir gesagt, dass Zugfahren ja so schrecklich waere und ich solle doch lieber den Bus nehmen. Um das mal zu verdeutlichen: ein Zugticket fuer die Strecke kostet umgerechnet zwischen 5 und 10 Euro, waehrend man fuer den Bus umgerechnet 30 bis 40 Euro bezahlt. Ein grosser Unterschied also und die Agenturen wollen natuerlich ihr Geld mit den Bussen machen. Naja, er checkte trotzdem nach Zugtickets: ausverkauft. Eine Klasse niedriger? Ausverkauft! Die unterste Klasse? Ausverkauft! Ausverkauft fuer die naechsten drei Tage. Da muss ich wohl Bus nehmen. Oder doch lieber Flieger. Es daemmerte mir... die beiden versuchten mich zu ueberreden, dachten ich sei dumm genug, um auf ihre Masche reinzufallen. Ich verliess den Raum, bekam noch grummelige Kommentare zugerufen und machte mich auf den Rueckweg zum Hostel. Dort recherchierte ich nochmal meine Moeglichkeiten und fand eine genaue Beschreibung des Ticketschalters. Und ich sah auch, dass Agenturen gar keine Tickets kaufen koennen, man muss das persoenlich machen. Also haben mich die beiden von vornherein reingelegt. Ich lief zurueck Richtung Bahnhof, ging an der alten, verfallenen Mauer entlang und fand den kleinen Eingang hinter dem sich geschaetzte 40 Schalter befanden. Ich frug beim ersten, wurde zum naechsten geschickt und zum naechsten und zum naechsten, bis ich nach 5 Anlaeufen endlich den Mann mit dem richtigen Block vor sich gefunden hatte. Hier werden Zugtickets noch per Hand geschrieben. Es gab zwar keine Plaetze im Schlafwagen mehr, aber die Luxussitze waren noch verfuegbar. Und bei umgerechnet 6 Euro kann man sich den Luxus auch mal goennen. Ich hatte mein Ticket und wedelte damit freudestrahlend zu dem Idioten auf der anderen Strassenseite, der gerade versuchte, andere Touristen zu verarschen.

Am naechsten Tag machte ich mich bereit, lief die 1.2km mit Sack und Pack zum Bahnhof und versuchte bei all den Hieroglyphen heraus zu finden, wo ich hin muss. Ich war ein bisschen nervoes in dem Chaos mit den unzaehligen Menschen und den Unmengen an Gepaeck. Ein Polizist kam sofort auf mich zu und begleitete mich zu einem Eingang am Bahnsteig. Dort kontrollierte man mein Ticket und wiess mir einen jungen Mann zu, der mich zum richtigen Wagon geleitete. Denn auch am Zug stand nichts in unserem Alphabet geschrieben. Er zeigte mir meinen Sitz, oeffnete mein Fenster, saeuberte meinen Sitz, richtete einen Ventilator auf mich, zeigte mir, wo die Toilette ist, verstaute meinen Rucksack auf der Ablage und brachte mir eine Flasche Wasser. Wow! Was fuer ein Service! Er stellte sich als Zugbegleiter heraus. Jeder Wagon hatte einen davon, an den man sich mit jedem noch so kleinen Problem wenden konnte. Ich hatte einen einzelnen Sitz am Fenster, riesen gross, mega gemuetlich, mit ausklappbarem Tischchen, Fussablage, viel Platz nach vorne und hinten und man konnte ihn um 360Grad drehen. Der wohl komfortabelste Zug, mit dem ich je gefahren bin. Allerdings gab es keine Klimaanlage. Zum Glueck. Alle Fenster waren offen, also kam eine angenehme Brise herein und man konnte ungestoert Bilder machen und Snacks kaufen von den Haendlern, die an jedem Bahnsteig warteten. Vor mir lag eine 600 km lange Strecke, die sich ueber 16 Stunden zog. Man kann sich also ausrechnen, dass das eine laaaaaangsame Fahrt war. Hauptsaechlich deswegen, da es auf einigen Stuecken extrem ruckelig wird. Man wird von rechts nach links geschleudert, waehrend es manchmal nur in Schrittgeschwindigkeit voran geht. Aber es war eine wunderschoene Strecke durch die laendliche Gegend zwischen den beiden Staedten und die Uhrzeit war perfekt gewaehlt. So hatte ich am Nachmittag noch 3Stunden Tageslicht zum Gucken und am Morgen nochmal 4Stunden. Und dazwischen konnte ich gemuetlich durchschlafen.

In Mandalay angekommen, konnte ich zu meinem Hostel laufen. Natuerlich wollten mir die Taxifahrer wieder erzaehlen, dass es zu weit ist. Aber es waren keine 500m. Ich checkte ein fuer 2 Naechte, schlunzte ein wenig in der Stadt umher, bestaunte den Palast und die Pagodas und Tempel. Allerdings gefiel es mir nicht so gut dort, da durch all die Motorraeder das Verkehrschaos noch groesser war und die Luft extrem verschmutzt und es gab keinerlei Buergersteige und staendig wurde man fast umgefahren oder umgerannt. Was man aber ueberall in Myanmar beobachten kann: die Leute sind total gelassen, keine Hektik, kein Stress, vermutlich auch, weil 99% der Bevoelkerung Flipflops traegt und sowieso nicht rennen kann. Zumindest macht das das Chaos ein bisschen besser. Aber eben die typisch asiatische Verhaltensweise, keine Ruecksicht auf andere zu nehmen. Man treibt mich das immer in den Wahnsinn! Die rennen einen einfach um, raempeln einen ueberall an, gehen nicht aus dem Weg, auch wenn genug Platz waere. Und dann sind da noch die anderen Unarten. Boah! Wie ich das immer hasse! Maenner und Frauen. Wie die Chinesen, lautstark wird da herumgeruelpst, die Rotze hochgezogen und ueberall hingespuckt. Und hier ist es noch so schlimm zwecks der Angewohnheit, dass insbesondere die Maenner Betelnuss kauen. Eine Art Droge, die den Speichelfluss erhoeht und den Speichel und die Zaehne dunkelrot faerbt. Widerlich anzusehen und sie spucken eben nochmal mehr.

Im naechsten Blog dann weiter ueber Bergdoerfer und Tempelstaedte...

 

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