top of page

Indien - Scam-Hauptstadt Jaipur

Eine kulinarische Zugfahrt brachte mich in die naechste Stadt. Mit einem billigen Ticket fuer einen Sitz in der 2ten Klasse, bekam man sieben verschiedene Sachen serviert. Die 4 Stunden Fahrt waren gefuellt mit Essen. Mein Sitznachbar (ein UN-Mitarbeiter natuerlich) erklaerte mir, was alles war. Natuerlich gab es nichts, was nicht uebermaessig scharf oder uebermaessig suess war. Aber zumindest kam alles nur in kleinen Portionen und war gut, um alles mal zu probieren.

Jaipur ist beruehmt fuer Touristenabzocke. Es gibt eine ganze Liste mit ueber 30 der gaengigsten Tricks. Ich dachte, ich waere auf alles vorbereitet. War ich aber dann doch nicht. Man wurde beim Aussteigen gleich wieder von Tuktuk- und Taxifahrern angefallen. Mein Sitznachbar uebernahm das Reden und versicherte mir dann, dass dieser Tuktukfahrer in Ordnung sei. Ich lief mit ihm raus, ueber den Parkplatz und zu den 500Tuktuks. Er wischte erst den Sitz ab, dann platzierte er sorgfaeltig meinen grossen Rucksack und dann durfte ich einsteigen. Nun fing er an zu reden. Fuer fast eine Stunde fuhren wir nirgendswo hin. Er erzaehlte mir ueber sein Leben, wie lang er schon Tuktukfahrer ist, dass er nicht lesen und schreiben kann, dass er an Karma glaubt und deshalb nur gutes tut fuer andere Menschen, dass er keine Touristen abzockt und er findet es so schlimm, dass andere Fahrer das staendig tun, er erzaehlte mir, dass all seine Fahrgaeste ihn lieben und packte seine drei dicken Gaestebuecher aus, um mir all die Eintraege zu zeigen, die ich ihm dann teilweise noch vorlesen musste, denn er kann ja nicht lesen, usw. Ich hoerte ihm geduldig zu, hielt ihn fuer nett und glaubte ihm seine Gechichten. Er fuhr mich fuer den korrekten Preis zum Hostel, mit lauter Musik in seinem kleinen Disko-Tuktuk mit tausenden LED-Lichtern. Er fuhr unnormal langsam, nicht aggressiv und hielt sich die Ohren zu, sobald jemand neben ihm hupte. Sehr ungewoehnliche Fahrweise fuer Indien. Am Hostel angekommen hielt er ein paar Meter weiter und erzaehlte mir, dass das Hostel seine eigenen Tuktukfahrer hat und sie ihn da nicht wollen. Mhhh. Und nun kamen wir zu dem Punkt, wo ich stutzig wurde und langsam merkte, dass er mich eingelullt hat. Er sagte mir, er koenne mich am naechsten Tag umher fahren, mir all die Sehenswuerdigkeiten zeigen. Ich wollte am naechsten Tag erstmal sehen, was ich mache und eher in der naeheren Umgebung umherlaufen. Er wollte mich von seiner Tour ueberzeugen, also sagte ich ihm, er kann fuer den uebernaechsten Tag evtl kommen, aber ich sage ihm Bescheid. Ok, ich solle ihn ueber Whats-app anrufen. Da ich ihm aber klar machte, dass ich weder Whats-app, noch eine indische Handynummer habe, sagte er, ich solle ihm auf Facebook schreiben. Ok, ich wollte endlich raus aus dem Tuktuk, also tauschten wir Facebooknamen und er liess mich gehen. Da fragte ich mich aber wirklich, wieso jemand, der nicht lesen und schreiben kann, ein Facebookaccount hat. Und er hatte mir vorher noch erzaehlt, dass er seit 5Tagen keine Fahrgaeste hatte, da gerade keine Saison ist und kaum Touristen da sind. Allerdings schrieb er auf seinem Facebookprofil ueber zwei franzoesische Maedels, die ihn gerade den Tag vorher fuer eine Tour nach Agra angeheuert hatten. Die Luegen wurden aufgedeckt. Am naechsten Tag begegnete ich einem weiteren Tuktukfahrer, sehr freundlich, die selbe Masche. Er kann nicht lesen und schreiben, hat aber ein Facebookprofil und sogar eine eigene Website fuer sein Tuktuk. Er glaubt an Karma und ist deshalb immer freundlich zu anderen. Er hatte seit 3 Tagen keine Kunden mehr. Usw. Es war, als haetten sie es aus einem Lehrbuch und wiederholen es fuer alle Touristen. Im Internet hab ich dann mehr darueber gefunden. Es gibt wirklich den freundlicher-Tuktuk-Fahrer-Trick. In dem Sinne eine nette Art und Weise, aber trotzdem laeuft es darauf hinaus, das Geld der reichen weissen Menschen zu bekommen. Und fuer diese Touren nennen sie einem keinen Preis. Man bekommt gesagt “as you want”, also wieder wieviel man will. Geld waere ihnen nicht wichtig. Also ist die Masche, dass sie einem ein schlechtes Gewissen machen und man automatisch mehr gibt, weil er so nett ist. Ich sagte ihm also ab fuer den naechsten Tag und war aus Bockigkeit nur zu Fuss unterwegs.

Jaipur hatte nicht all zu viel zu sehen. Im Zentrum gab es ein paar schoene Palaeste, Tempel und Moscheen. Als ich vor einem Tempel ein Foto machen wollte, wurde ich wieder von einem jungen Inder angesprochen. Ich sagte gleich, “Nein, danke!” und er antwortete, er sei kein aufdringlicher Tuktukfahrer. Mit einer ungewoehnlich charmanten Art bekam er mich in ein Gespraech verwickelt. Er faende es ja auch so schlimm, wie aggressiv die Fahrer und Verkaeufer auf die Touristen eingehen wuerden. Wieder fiel ich fast auf einen Trick herein. Er wolle mir nichts verkaufen, er hat nur ein nettes kleines Cafe auf der anderen Strassenseite, von wo man einen tollen Blick auf den Palast hat. Ich solle doch mit ihm rueber gehen zum Fotos machen. Haha! Wieder eine dieser netten Maschen mit dem schlechten Gewissen.

Das Zimmer teilte ich mir diesmal mit einer Amerikanerin und zwei indischen Maedels. Die Amerikanerin war so genervt von dem Benehmen von Indern, dass sie die zwei Maedels sofort in die Schranken wiess, als diese ihre Sachen auf ihr Bett legten. Auch die lautstarken Telefongespraeche des Nachts wurden sofort unterbunden. Sie war Anfang 40 und nahm kein Blatt vor den Mund. Schoen zu hoeren, wie sie mit all den aufdringlichen Indern umging. Sie gab mir noch ein paar nuetzliche Tipps.

Am naechsten Tag haette ich eigentlich noch Zeit gehabt, die grosse Festung zu erkunden. Aber zum einen lag diese ausserhalb der Stadt, also haette ich ein Tuktuk nehmen muessen. Und zum anderen gab es dort die naechste grosse Tierquaelerei. Die Elefanten. Auch hier sind wieder die Touristen zu beschuldigen, die fuer diese Ritte auf den bunt bemalten indischen Elefanten bezahlen. Elefanten sind nicht dafuer bestimmt, auf hartem Untergrund zu laufen, was zu Wunden und Infektionen an den Fuessen fuehrt. Sie sind nicht dafuer bestimmt, Menschen von A nach B zu befoerdern, was zu Rueckenproblemen fuehrt. Sie sind nicht dafuer bestimmt, Farbe an sich zu haben, die zu Hautirritationen und Augenentzuendungen fuehrt. Sie sind nicht dazu bestimmt, den ganzen Tag in der Wuestensonne zu stehen, was zu Hautproblemen fuehrt. Sie sind nicht dafuer bestimmt, an Ketten die ganze Nacht in einem Schuppen angebunden zu sein, was zu enormen psychischen Problemen fuehrt. Sie sind nicht dafuer bestimmt, mit Stoecken und Harken geschlagen zu werden, nur um auf ihren schmerzende Fuessen weiter zu laufen. Wenn ein Elefant “tanzt”, also seinen Kopf hin und her schwenkt, dann ist das weder schoen, noch niedlich, noch sonst irgendetwas. Das ist nur ein klares Zeichen der Verzweiflung und psychischen Stoerung eines Elefanten in Gefangenschaft. Um das nochmal zusammen zu fassen: Ein wildes Tier gehoert in die Wildnis und nicht in Touristengebiete, wo Touristen fuer das Elend und die Quaelerei bezahlen. Ich weigerte mich also zu dieser Festung zu fahren, weil ich wusste, dass mein Herz dann nur noch mehr bluten wuerde. Indien ist wirklich die Hoelle auf Erden fuer die meisten Tiere.

Jaipur hinterliess also letztlich nicht den besten Eindruck und ich war ganz froh, als mich der naechste Zug nach Jodhpur brachte.

 

© 2015 by Christina Otto. Proudly created with Wix.com

  • Facebook Social Icon
bottom of page